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Hinter den Bäumen und Büschen zu Ihrer Linken befand sich eine echte Burg. Sie war seit dem späten 12. Jhd. der Herrensitz der Ritter von Mansingen. Nun dürfen Sie sich die Anlage nicht annähernd wie Neuschwanstein oder wie das Märchenschloss aus Disney-World vorstellen. Hier geht es wesentlich bodenständiger, überschaubarer, aber auch authentischer zu.
Die Burganlage war eine sog. Motte, also eine Erdhügelburg, die von einem Graben umgeben war. Insgesamt bestand sie aus drei voneinander getrennten Erdhügeln, d.h. sie war unterteilt in Vor- und Hauptburg. Das Material, aus dem sie gebaut war, bestand vornehmlich aus Holz und Fachwerk. Lediglich die Dachbedeckung zumindest einiger Gebäude wird keramisch gewesen sein, denn eine Handvoll mittelalterlicher Dachpfannen sind ganz in der Nähe gefunden worden. Wenn Sie sich für die Burganlage näher interessieren, möchten wir Sie auf die Infotafel verweisen und die CultureCall-Hörstation zum Burgplatz Mansingen, die vor Ort ebenfalls ausgeschildert ist.
Wir wollen jetzt aber etwas anderes in den Blick nehmen. Und dazu müssen wir uns vom Burgplatz abwenden und in die Gegenrichtung über das freie Feld Richtung Süderbäke spähen. Das, was Sie hier vor sich sehen, war einmal ein idealer Schutz vor feindlichen Überfällen. Jetzt fragen Sie sich sicher: Wieso das denn nur? Aber Sie haben dabei völlig vergessen, dass die Landschaft sich seit dem 12./13. Jhd. in dieser Gegend deutlich verändert hat.
Der Mansinger Burgplatz liegt in der Niederung der Großen und Kleinen Süderbäke, die noch viele Jahrhunderte später so feuchtnass war, dass sie bei schlechtem Wetter gar nicht und sonst nur zu Fuß zu durchqueren war. Mit einem Pferdewagen oder Ochsenkarren war hier kein Start zu machen. Deswegen umgingen in alter Zeit sämtliche Straßen diese Niederung und verliefen entlang der trockenen Höhen, auf denen die Eschdörfer lagen, was so manchen Umweg bedeutete. Übrigens ist die Mansinger Burg keineswegs die einzige in diesem Umfeld. Als die Oldenburger Grafen ab dem 11. Jhd. ihren Herrschaftsbereich absteckten, gerieten sie dabei immer wieder in Konflikte mit benachbarten Territorien. Richtung Westen und Nordwesten ist Ostfriesland von hier aus keine 5km Kilometer entfernt. Und zumal mit den Friesen setzten sich die Grafen von Oldenburg immer und immer wieder auseinander. Daher wurde im Grenzgebiet so etwas wie eine militärische Sicherheitszone eingerichtet. Es gab auf einer Länge von annähernd 20 km eine ganze Kette von strategisch günstig gelegenen Burgen und Befestigungen in einer Linie von Apen im Südwesten bis hin nach Conneforde, nordöstlich von hier. Vor den Ostfriesen hatte man im Ammerland also reichlich Respekt!
Interessant ist sicherlich der Gedanke, dass die Menschen, die beiderseits dieser Grenze lebten, vielfach miteinander verwandt waren und kulturell eng miteinander verbunden. Dennoch ergab sich in der Folgezeit eine Empfindung, die zwischen „uns“ und „denen“ unterschied. „Wir“ waren die Oldenburger bzw. Ammerländer und „die“ waren die Ostfriesen. Auf der anderen Seite der Grenze natürlich umgekehrt. Dass dieses Empfinden angefacht von herrschaftlichem Machtstreben, charakterlichen Schwächen oder auch Ressourcenknappheit letztlich immer wieder zu handfesten kriegerischen Auseinandersetzungen geführt hat, ist Teil der sich fortwährend wiederholenden menschlichen Tragödie.
Werfen wir noch einen letzten Blick Richtung Nordwesten. Irgendwo dort, Richtung Ihorst, sollen noch die Überreste einer weiteren Burg liegen. Wer sie findet und den alten Brunnen der Burg aufgräbt, soll dort den Schatz des letzten Burgherrn finden.

Das ist ja vielleicht ein Ziel für eine weitere Wanderung. Heute aber setzen wir unseren Weg in die Gegenrichtung fort, vorbei am Mansinger Burgplatz.