Oldenburg

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Die beiden repräsentativen Bauten hier am Theodor-Tantzen-Platz erinnern an einen Staat, der schon lange nicht mehr existiert. Die meisten Oldenburger können inzwischen freien Herzens zustimmen, wenn es heißt: „Das Oldenburger Land, ein starkes Stück Niedersachsen“. Aber das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis der historischen Entwicklung seit 1946.

Sie stehen hier vor dem Regierungsviertel des Großherzogtums Oldenburg! Dieses reichte vom friesischen Wangerland bis kurz vor Osnabrück und schloss mit Lübeck und dem pfälzischen Birkenfeld zwei Exklaven mit ein: sicherlich kein Riese unter den deutschen Ländern, aber so eine Überschaubarkeit hat ja nicht nur Nachteile.

Die Herzöge führten seit dem 18. Jhd. ein persönliches Regiment und waren damit ihr eigener Regierungschef. Erst die Revolution von 1848 brachte hier eine Änderung: Oldenburg bekam eine Verfassung, die sicherlich nicht heutigen demokratischen Ansprüchen genügt, aber sie beinhaltete die Einrichtung eines oldenburgischen Landtages. Da man zunächst über kein eigenes Parlamentsgebäude verfügte, zog man in die Militärakademie am Pferdemarkt ein, das heutige Standesamt. Die Regierung zog in das Gebäude zwischen Lambertikirche und Schlossplatz, dh. beide Instanzen waren durch die gesamte Oldenburger Innenstadt getrennt, was nicht günstig für einen beständigen und effektiven Austausch ist. Dieser Zustand zog sich noch bis 1908 hin, dann endlich wurde für ein großes Regierungsgebäude bei den Dobbenteichen ein Wettbewerb ausgeschrieben. Die Architekten Bonatz und Scholer machten das Rennen, und zwar mit dem zweiten Platz, da ein erster einfach nicht vergeben wurde! Vier Jahre später kam es zur Auftragsvergabe, die entgegen der Ursprungsplanung zwei getrennte Gebäude für Landtag und Staatsministerium vorsah. 1917 waren die Bauten vollendet und konnten bezogen werden. Doch schon ein Jahr später standen große Veränderungen an: Durch die Novemberrevolution nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wurde auch Oldenburg zur Republik, der Großherzog dankte ab. Fortan hieß das staatliche Gebilde, dessen Regierungssitz Sie hier vor sich haben, „Freistaat Oldenburg“. Der erste frei gewählte Ministerpräsident war Theodor Tantzen. Nach seinem Rücktritt 1923 schaffte es der Oldenburgische Landtag nie wieder, mit einer parlamentarischen Mehrheit einen Ministerpräsidenten zu wählen. Und als 1933 die Nazis an die Macht kamen, war der Traum von Demokratie ohnehin für bittere 12 Jahre ausgeträumt. Erst nachdem die Allierten Deutschland befreit hatten, wurden wieder demokratische Grundstrukturen eingeführt, wodurch das Land Oldenburg wieder einen Ministerpräsidenten bekam. Die zuständigen britischen Militärbehörden holten dazu einen Mann, den die Oldenburger bereits kannten, nämlich besagten Theodor Tantzen, der dadurch ein weiteres Mal zum Ministerpräsidenten des Landes Oldenburg wurde. Nur ein Jahr später wurden jedoch die Pläne für einen norddeutschen Großstaat umgesetzt und die Länder Oldenburg, Schaumburg-Lippe, Braunschweig und Hannover vereinigt. Das Land Niedersachsen war geboren und das Land Oldenburg damit Geschichte.

Vor Ort saßen noch lange die Repräsentanten des Verwaltungsbezirks Oldenburg, seit 1978 die Bezirksregierung Weser-Ems. Heute residieren Polizeidirektion und andere staatliche Stellen im Staatsministerium, der ehemalige Landtag steht vor allem kulturellen Veranstaltungen zur Verfügung.