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Seid Willkommen, werte Besucher auf dem Wall der löblichen und uralten Stadt Wildeshausen.
Von alters her umfasste der Stadtwall die Stiftsfreiheit rund um die Alexanderkirche und die vier Stadtviertel samt Zwischenbrücken jenseits der Hunte. Dieser Wall bedeutete nicht nur Schutz vor Räubern und fremdem Kriegsvolk, er bedeutete nicht minder auch Sicherheit für all jene, die in Wildeshausen Unterkunft suchten, sei es als Reisende, die auf der großen Überlandstraße, der Flämischen Straße, unterwegs waren, oder für die, die hier ihren Geschäften nachgingen, zumal an den großen Markttagen. Noch mehr aber machte der Wall die hiesigen Einwohner zu Bürgern, denn durch ihn wurde Wildeshausen, für alle Welt sichtbar, zur Stadt. Spätestens im 13. Jhd. wurde die Ortschaft nach Stadtrecht mit einem wehrhaften Wall umgeben, der mit der Zeit noch ausgebaut und den militärischen Erfordernissen angepasst wurde. Es ist ein Jammer, dass ich die Befestigung zu ihren besten Zeiten nie gesehen habe. Sie bestand aus 3 konzentrischen Wällen und 2 Trockengräben. Fest verwahrt war der innere Ring mit trefflichen Türmen und Toren, die mit veritablen Geschützen bestückt waren. Die Tore selbst waren so stattlich, dass unter ihren Bögen die Marketender ihren Platz fanden. Doch all die Wehrhaftigkeit half nichts gegen schändlichen Verrat. Als im April 1529 die Söldner des Bischofs von Münster in die Stadt eindrangen, fiel kein Schuss vom Wall her zu ihrer Verteidigung, denn der Feind kam heimlich durch das Tor, das eigentlich hätte sicher sein sollen. Es war die Pforte zur Wildeshauser Burg, auf der der Drost des Bischofs saß, der seinem Herrn bei allen Plänen behilflich sein musste.
Der Bischof von Münster nahm zur Strafe der Stadt all ihre Freiheitsrechte und als sichtbares Zeichen dafür ließ er alle Wälle schleifen, so dass Wildeshausen zum offenen wehrlosen Flecken wurde. Erst einige Jahre später erhielt der Ort eine Handvoll Rechte zurück. Auch durfte Wildeshausen wieder einen Wall anlegen. Der lag in vielen Bereichen genau über dem alten, aber dieselbe Wehrhaftigkeit hatte er längst nicht mehr. Seit 1618 der Große Krieg ausbrach, verfluchten sich die Münsteraner mehr als einmal, dass sie sich selbst dieser wuchtigen Bastion am Übergang der Hunte beraubt hatten. Wildeshausen ist in 30 Jahren Krieg unzählige Male besetzt, durchzogen und erobert worden, bis kaum die Hälfte der Einwohner in der Stadt übrigblieb. Ich habe damals schon gedacht: Vielleicht wäre das Schicksal weniger grausam gewesen, hätte sich Wildeshausen besser gegen fremde Truppen wehren können.
Nach dem 30jährigen Krieg spielten die Wälle keine gewichtige Rolle mehr. Eine solch bescheidene Befestigungsanlage konnte keinem entschlossenen Angreifer mehr Paroli bieten. Doch haben wohl auch später noch in unsicheren Zeiten die Bürger darauf Wache stehen müssen. So mancher Schelm, der dabei eingeschlafen ist, den habe mores gelehrt! Ja! Auf Wache einschlafen! Das kann mir nicht passieren! Ich schlafe nachts nämlich nie…
Nur eines noch: Wenn euch jemand fragt, wer euch hier am Wall nach Stand und Recht getreulich hat begrüßt, dem sagt, es sei niemand anderer gewesen als der Hauptmann Trentepyl…