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Schon von weitem kann man sie sehen, die Basilika des Heiligen Alexander, auf einer Wurt über der Hunte. Zwar ein Bau aus Holz, aber doch recht ansehnlich und stattlich! Zum Glück sind wir bald da.
Hu, wir schreiben das Jahr des Herrn 988, den Monat März, in dem es nur selten noch Frost gibt. Aber jedes Jahr habe ich das Gefühl, dass der Frühling kühler wird.
Es ist gar nicht allzu weit von meiner Residenz in Bremen bis hierher, aber die Wege sind weit weniger gut als die alten Römerstraßen, die ich in Italien gesehen habe. Zudem wird selbst für mich, Bischof Adaldag von Bremen, was früher nur Vergnügen gewesen ist, mit dem Alter immer beschwerlicher. Doch eine Gelegenheit wie dieser Tage wird sich mir nicht mehr häufig bieten. Ja, früher pflegte ich tagtäglich Umgang mit gekrönten Häuptern. Ich war Kanzler des großen Kaisers Otto, des Siegers über die Ungarn, der die Stämme des ostfränkischen Reiches zu einer mächtigen Einheit zusammengeführt hatte. Aber jetzt ist er schon lange tot. Und auch sein Sohn Otto II. lebt längst nicht mehr - was für das Reich ein wahres Unglück bedeutete, wäre seine Witwe nicht eine so tatkräftige und kluge Frau: Theophanu aus dem Geschlecht des byzantinischen Kaiserhauses! Sie regiert für ihren noch unmündigen, achtjährigen Sohn, der wie Vater und Großvater Otto heißt.
Wie ihre Vorgänger auch sind Theophanu und ihr Schützling beständig im Reich unterwegs, um an möglichst vielen Orten nach dem Rechten zu sehen. Zudem kann das große kaiserliche Gefolge kaum über längere Zeit hinweg an einem Ort standesgemäß versorgt werden. So zieht Theophanu von einer Pfalz und einem Königshof zum nächsten. Zu meinem Glück hält die Kaisersippe Besitz an diesem Stift und diesem Dorf hier, ist sie doch verwandt mit der Sippe Widukinds, den Stiftern der Alexanderkirche. Von Minden und dem Kloster Memleben her ist mir Theophanu entgegengezogen. Ich weiß die Ehre sehr zu schätzen, auch wenn ich die kaiserlichen Hoheiten lieber in meinen eigenen Mauern begrüßt hätte, zumal mein bescheidenes Heim in Bremen etwas komfortabler ist als die recht bäuerlich wirkenden Gebäude, die da um die Stiftskirche angeordnet sind. Tatsächlich freue ich mich, Theophanu wiederzusehen. Aber das ist natürlich nicht der einzige Grund, warum ich hier bin. Ich brauche dringend eine Absicherung meiner Maßnahmen in Hamburg, Dänemark und Ostfriesland. Und der Kaiser wird, so will ich hoffen, so gnädig sein und mir entsprechende Urkunden siegeln.
Ha! Rauch steigt aus einem der Häuser auf. Das will ich als gutes Zeichen nehmen. Will man dort offensichtlich mit einem schönen warmen Herdfeuer einem alten Mann eine Freude bereiten.