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Wir aus Zwischenbrücken sind schon ein besonderes Völkchen. Ganz sicher sind wir echte Wildeshauser, man möchte sogar sagen: Ur-Wildeshauser, denn unser Stadtteil zwischen den beiden Brücken über den Stadtgraben einerseits und über die Hunte andererseits, ist mit Sicherheit einer der ältesten Teile der Stadt. Schon auf Abbildungen aus dem Mittelalter kann man unser Zwischenbrücken deutlich erkennen. Und dennoch sind wir etwas Besonderes, denn die Hunte trennt uns vom Rest der Wildeshauser Altstadt ab. Unser Eigenleben ging lange Zeit sogar so weit, dass wir kirchlich anders zugeordnet waren als der Rest der Stadt. Wildeshausen und das Alexanderstift auf der linken Seite der Hunte gehörten bis ins 17. Jhd. zur Diözese Osnabrück, während wir auf der rechten Seite mit der Heiligengeistkapelle, die noch bis zum 30-jährigen Krieg an der Straße Richtung Delmenhorst stand, zu Bremen gehörten.
Unsere Sonderstellung wird aber noch durch etwas anderes deutlich. Es gibt nämlich eine besondere Bezeichnung für uns: Wir sind die „Pielepoggen“, was auf Plattdeutsch nichts anderes heißt als „Kaulquappen“. Ziemlich passend, wenn man unsere Nähe zum Wasser bedenkt. Allerdings gibt es Gerüchte, dass der Name eigentlich eine viel vornehmere Herkunft hat. Als Wildeshausen unter napoleonischer Besatzung stand, war die französische Bezeichnung für die Leute, die bei den Brücken wohnten, angeblich: „Habitant prè les ponts“, was dann zu „Pielepoggen“ eingedeutscht und verkürzt worden sei soll. (lachend) Naja, wer will schon so ganz genau wissen, welche Version nun die Richtige ist?
Eine ganz wichtige und uralte Tradition ist bei uns die Wahl des Ortsvorstehers, der sog. „Schwaren“, also Geschworenen, oder wie wir heute einfach sagen: Bürgermeister. Urkundlich lässt sich diese Tradition bis ins 17. Jhd. nachweisen, vermutlich ist sie aber noch ein gutes Stück älter. Üblicherweise wählt man in Zwischenbrücken immer einen „Jungbürgermeister“, also einen, der das Amt zum ersten Mal übernimmt, und einen, der das Amt vorher schon innehatte. Zu Rosenmontag marschieren dann alljährlich die gewählten Bürgermeister zum alten Rathaus, wo sie vorstellig werden müssen. Dort geloben sie nach traditioneller Formel, dass sie Rat und Bürgermeister der Stadt gebührenden Respekt und Gehorsam leisten, das gemeine Stadtbeste nach Möglichkeit befördern, sowie die Beachtung aller verbrieften und hergebrachten Gewohnheiten. Da es sich aber um eine Partnerschaft mit beiderseitigen Pflichten handelt, dürfen dann ihrerseits unsere Bürgermeister die Wünsche der Zwischenbrücker zu Ausdruck bringen - allerdings oftmals mit einem gewissen Augenzwinkern.
Mein Großvater hat mir erzählt, wie das damals in seiner Kindheit ablief, sehr offiziell und beeindruckend. Da sind die Bürgermeister in Begleitung der Zwischenbrücker Haushaltsvorstände mit Frack und Zylinder zum Rathaus stolziert, eine sehr honorige Herrenriege mit wilhelminischen Schnauzern, die sich dann dort hat fotographisch ablichten lassen - damals noch etwas, das man nur zu besonderen Anlässen vornahm. Danach ging es zurück nach Zwischenbrücken, wo man im Hannoverschen Hof mit Kind und Kegel feierte. Noch heute wird dieser alte Brauch vollzogen, allerdings in etwas zeitgemäßerer Form - was aber immer noch für viel Aufsehen sorgt.