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„Ein blinder König beweist Weitsicht“ – So könnte man das überschreiben, was die Gemeinde Georgsmarienhütte prägen sollte.

Der durch einen Unfall erblindete König Georg V. bestieg 1851 den Thron des Königreichs Hannover. Das Land litt an einem Entwicklungsdefizit, da die hannoverschen Herrscher lange Zeit in Personalunion englische Könige gewesen waren und dort ihren Schwerpunkt gelegt hatten. Georg V. trat deshalb an, das noch weitgehend landwirtschaftlich geprägte Hannover einer Industrialisierung zuzuführen.

1856 investierten seine Frau Marie und er viel Geld in ein Stahlhüttenprojekt, dem sie gleichzeitig gestatteten, ihre Namen zu tragen, den Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein, der in der alten Gemeinde Malbergen eine große und leistungsfähige Stahlhütte aufbaute, die noch heute existiert.

Die Einheimischen waren nicht sehr erpicht darauf, in der Hütte zu arbeiten, weil sie noch stark der Landwirtschaft und einer traditionellen Lebensweise verbunden waren. Deshalb brauchte die Hütte zusätzliche Arbeitskräfte von außerhalb. Es musste jedoch sichergestellt werden, dass die Menschen, die in Georgsmarienhütte arbeiten sollten, hier auch eine Unterkunft erhielten. Es brauchte also einen betrieblichen Wohnungsbau, um die Arbeiter an diesen Standort zu locken und sie auch hier zu halten. Da viele der Arbeitskräfte aus dem Harz kamen, ließ das Hüttenwerk eine ganze Siedlung mit Häusern im Harzer Stil errichten, die für damalige Verhältnisse komfortabel und modern ausgestattet waren. Das war die Geburtsstunde der „Alten Kolonie“.

Da es immer wieder zu Reibereien zwischen den traditionell lebenden und katholischen Einheimischen und den protestantischen Neubürgern kam, wurde zwischen ihnen eine verwaltungstechnische Trennung vollzogen: So wurde 1860 aus der „Alten Kolonie“ eine eigenständige Gemeinde. Allerdings stellte den Bürgermeister für die neue Gemeinde die Stahlhütte, ein im Königreich Hannover einmaliger Vorgang. Auf diese Weise blieben die Zugehörigkeit der Menschen und die Machtverhältnisse zwischen ihnen und der Hütte auch nach außen weiterhin sichtbar.

Deutlich wird hier, dass die Entwicklung des Ortsteils Alt-Georgsmarienhütte untrennbar mit dem Aufbau der "Alten Kolonie" verbunden ist. Das heißt, wir haben es hier mit Stadtgeschichte zu tun, die ganz eng verknüpft ist mit der regionalen Industriegeschichte.

Wenn Sie noch Genaueres über die „Alte Kolonie“ wissen wollen, habe ich einen Tipp für Sie:  Acht Stationen eines historischen Rundwegs, der vom Arbeitskreis Ortsteilentwicklung Alt-Georgsmarienhütte initiiert wurde, machen auf die noch sichtbaren, aber auch auf mittlerweile verschwundenen Merkmale dieses besonderen Stadtteils aufmerksam.