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Na? Wissen Sie was ein Kiepenkerl ist? Nicht? Dabei ist die Antwort ganz einfach: Das ist nichts anderes als ein Kerl mit einer Kiepe! Eine Kiepe wiederum ist ein geflochtener Korb, den sich so ein Kerl auf den Rücken schnallte. Das machte er natürlich nicht zum reinen Vergnügen, sondern der Kiepenkerl war jemand, der mit allerhand Waren unterwegs war und überlandwanderte. Damit man so einen Kiepenkerl sofort erkannte, hatte er eine ganz bestimmte Tracht: ein blauer häufig knielanger Leinenkittel, ein buntes, oftmals rotes Halstuch, eine Schirmmütze, Holzschuhe und – ganz wichtig – eine gemütliche Pfeife im Mund. Kiepenkerle waren vor dem Zeitalter von Postkutsche und Eisenbahn in ganz Westfalen unterwegs, z.T. auch noch weit darüber hinaus. Dabei trugen sie aber nicht nur Waren wie Lebensmittel, Kurzwaren oder Kochtöpfe durch Stadt und Land, sondern auch Nachrichten. In manchen Ortschaften wird das, was sie zu erzählen hatten, genauso wichtig gewesen sein wie ihr Handelsgut. Allerdings wird der launige Plausch wiederum durchaus dazu beigetragen haben, das eine oder andere gute Stück an den Mann oder an die Frau zu bringen!
Die Kiepenkerle aus Borgholzhausen transportierten ein ganz besonderes Gut: Es ist süß, sehr schmackhaft und wird heute noch gerne insbesondere auf Jahrmärkten gekauft und verkostet. Sie haben´s erraten, oder? Es ist der Honig- oder auch Lebkuchen, der in Borgholzhausen eine ganz große Tradition besitzt. Besonders zum Send, wie man den Jahrmarkt in Münster nennt, wurden Mengen von Lebkuchen von den Borgholzhauser Kiepenkerlen dorthin geschleppt. Man macht sich heute kein rechtes Bild mehr davon, was das eigentlich bedeutete. Heute kann man mit dem Auto von hier aus mal eben für einen Nachmittag nach Münster zum Einkaufen oder Bummeln fahren. Die Kiepenkerle waren dagegen mit Sack und Pack ganze 12 Stunden unterwegs! Wohlgemerkt: für eine Strecke! Aber die Reise lohnte und die Münsteraner freute es, denn: Was ist schon ein Jahrmarkt ohne frischen, leckeren Lebkuchen?
Übrigens ist die Lebkuchentradition in Borgholzhausen noch heute sehr lebendig. Das Ladencafe Heinrich Schulze vertreibt seine Köstlichkeiten in ungebrochener Familientradition seit 1830. Ein Besuch dort lohnt sich ganz sicher. Und wenn Sie sich dann den frischen Lebkuchen oder eine der anderen Köstlichkeiten im Cafe auf der Zunge zergehen lassen, träumen sie sich hinein in die Zeit, als die Borgholzhauser Kiepenkerle noch im Land unterwegs waren.