Oldenburg

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Steht man heute am Stau, erfasst einen nicht sofort das wildromantische Fernweh. Das Wasser schwappt eher zahm und spiegelblank in dem überschaubaren Hafenbecken, in das sich in der Regel nur Freizeit-Skipper verirren. Weiter hinten, ein Stück weit die Hunte abwärts ist an der Hafensilhouette jedoch abzulesen, dass durch die Binnenschifffahrt noch immer viele Waren Oldenburg über das Wasser erreichen. Dass die Stadt aber einmal so etwas wie ein Seehafen gewesen ist, das lässt sich heute kaum noch vorstellen. Aber Elsfleth, und damit die Mündung der Hunte in die Unterweser ist nur gut 20 Km entfernt, und von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung zum Meer. Im Mittelalter begann bei Elsfleth jedoch schon fast die offene See, denn Jade und Weser bildeten ein gemeinsames Delta, in dem es eine Vielzahl von Inseln gab, ein unübersichtliches Gelände, in dem sich auch Piraten verstecken konnten. Die Grafen von Oldenburg versuchten ihren Machtbereich genau in diese Richtung auszudehnen und damit die Weser unter ihre Kontrolle zu bringen. Kein Wunder, dass Oldenburg dadurch immer wieder in Konflikt mit der Hansestadt Bremen geriet, für die der freie Weserzugang geradezu überlebenswichtig war.

Ab dem späten Mittelalter spielte die Grafschaft Oldenburg als Nordseeanreiner die Rolle einer Seemacht, und zwar im Guten wie im Schlechten. Der Stau wird 1383 zum ersten Mal als Hafen erwähnt und vermutlich schon im 15. Jhd. existierte eine „Oldenburgische Schiffergesellschaft“. 1574 gab sie sich ein neues Statut, das seitdem als stolzes Traditionsgut bis heute nahezu unverändert gilt. Oldenburger Schiffe holten aus Hamburg das gute Lüneburger Salz, fuhren durch den dänischen Sund, trieben Handel von Bergen und Island bis in die Niederlande und nach Frankreich. Doch die Oldenburger Grafen betrieben auch Machtpolitik, und Piraterie war dahingehend ein probates Mittel: Es schädigte den Gegner und brachte einem selbst einen guten Batzen in den Beutel. So paktierten die Oldenburger mit den Freibeutern wohl schon zu Störtebekers Zeiten, 1410 bauten sie an der Jade eine Burg als Piratenunterschlupf. Besonders wüst trieb es der berüchtigte Raubgraf Gerd, gegen den die Hanse schließlich Schiffe aussandte, so dass mancher Oldenburger Pirat seinen Kopf auf dem Richtblock in Hamburg verlor.

Nach dem 30jährigen Krieg bedurfte es keiner Piraterie mehr, um am Bremer Handel mitzuverdienen, Oldenburg erhielt nämlich das Recht auf den einträglichen Weserzoll. Ab dem 17. Jhd. flossen die großen Handelsströme jedoch immer mehr aus Nord- und Ostsee ab, um sich ferneren Zielen in Übersee zu widmen. Da konnte Oldenburg mit seiner schmalen versandungsanfälligen Huntezufahrt nicht mehr mithalten. Ein Oldenburgischer Seehandel erfolgte jetzt vor allem als Umschlag in Brake oder Elsfleth. Erst die Huntebegradigung und der Ausbau im 19. Jhd. machten den Stadthafen am Stau wieder zukunftsfähig. Zudem erhielt er mit dem Küstenkanal zur Ems eine weitere Schifffahrtsroute, die die Blickrichtung des Oldenburger Hafen jedoch letztlich mehr der Binnenschifffahrt zuwandte.