Foto - Stefan Herringslack
Gempthalle? Was ist denn eine „Gempt“halle? So fragen Sie sich vielleicht. Aber ich setze noch eines oben drauf: Hier gab es früher noch viel mehr „Gempt“gebäude – und sogar einen Gempt-Blitz, jawohl!
Der hatte aber nichts zu tun mit Blitz und Donner, sondern das war die werkseigene Lokomotive der Firma Gempt, die hier vor rund hundert Jahren mit sage und schreibe 17km/h die schweren Lasten einer Industrieproduktion über das Betriebsgelände zog. Allein die Tatsache, dass man dafür ein eigenes Schienennetz gezogen hatte, sagt eigentlich schon einiges über den Umfang und ihre Bedeutung aus.
Die Familie Gempt ist mit ihren wirtschaftlichen Betätigungen schon seit dem 18. Jhd. in Lengerich nachweisbar. Sie handelten und produzierten zunächst einmal alles Mögliche, bis sie schließlich zu ihrer eigentlichen Profession gelangten. 1840 richteten sie eine erste Hanfseilerei ein, verlagerten die Produktion aber immer mehr in Richtung Drahtseile, was sich als echter Verkaufsschlager erwies. Durch die industrielle Revolution entstand ein immer größer werdender Markt für alle Arten von verarbeitetem Metall. Dazu kam die Schifffahrt, deren Werkstoff ebenfalls zunehmend das Metall wurde. Und von Lengerich war es nicht weit bis zum Meer, insbesondere seitdem es ab 1873 vor Ort eine Eisenbahnlinie gab.
An der Ausrüstung der Deutschen Heere und Flotten des Ersten und Zweiten Weltkrieges waren die Gempts ebenfalls beteiligt. Sie verdienten damit gutes Geld, mussten aber nach Ende der jeweils verlorenen Kriege dafür büßen. Sowohl 1918 als auch 1945 hatte die Fabrik völlig überdimensionierte Kapazitäten. Dennoch gelang es den Gempts jeweils wieder das Firmenschiff noch einmal auf Kurs zu bringen: Die Produktion wurde auf Friedenswirtschaft umgestellt, nicht benötigte Gebäudekomplexe verkauft.
Mitte der 60er Jahre war der endgültige Niedergang jedoch nicht mehr aufzuhalten: Bergbaukrise, der Wandel in der Handelsschifffahrt und die internationale Konkurrenz machten Gempt so schwer zu schaffen, dass die Firma nach dem Tod des letzten Inhabers verpachtet und abgewickelt wurde.
1996 wurde das Gelände von der Stadt Lengerich aufgekauft, saniert und bebaut. Übrig blieben einige Straßennamen, die an die industrielle Vergangenheit erinnern - und die 1917 erbaute Glühofenhalle samt Schornstein. Sie wurde in den folgenden Jahren zu einem beliebten Begegnungs- und Veranstaltungszentrum umgebaut. Wo früher also unter Schweiß und Hitze Drahtseile gezogen wurden, wird heute getagt, musiziert und gefeiert. So stehen Sie einerseits vor dem Ergebnis eines modernen Strukturwandels, aber gleichzeitig lässt sich hier das geschichtliche Erbe atmen und eindrucksvoll erleben.
Jetzt wissen Sie´s! Das ist die Gempt-Halle!