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Nun stehen wir vor einem See und Sie denken sich vielleicht: Was für ein Etikettenschwindel! Der Flurname lautet zwar „Möhlenbült“, aber wir haben hier weder eine Mühle noch haben wir einen Bült, also einen Hügel. Überhaupt wäre ja die Anlage einer Mühle hier mitten im Wald nicht gerade gut platziert. Was kann es also damit auf sich haben?
Das hiesige Gelände gehörte zur Allmende der Eschbauern und war vielleicht in alter Zeit einmal mit Wald bewachsen. Wir hörten jedoch schon von dem Holzhunger der Menschen und auch von der Plaggenwirtschaft der Eschbauern. Auf diese Weise wird das Gelände ausgedörrt sein, vielfach wird hier nur noch Heide gewachsen sein, auf der man immerhin noch Schafe halten konnte. Zudem existierte hier eine sandige Erhöhung, die nun frei dem Wind ausgesetzt war. Der Sage nach sollen hier ganze sieben Mühlen gestanden haben, für jede Windrichtung eine, da man angeblich damals noch keine Mühlen bauen konnte, die sich in den Wind drehen ließen.
Das mit den sieben Mühlen war wohl tatsächlich eine ziemliche Aufschneiderei. Und die Erklärung für die Anzahl ist ebenfalls nicht glaubhaft. Selbst die ältesten Bockwindmühlen ließen sich zum Wind hin drehen. Aber dass hier vor Ort zumindest eine Mühle gestanden haben muss, darüber ist man sich ziemlich einig, zumal sich ein Mühlstein ganz in der Nähe finden ließ. Ältere Aufzeichnungen wissen sogar noch von Strukturen im Boden.
Im Laufe der Zeit kam zum menschlichen Holzhunger auch noch der Sandhunger. Und zwar hing dieser zusammen mit dem der Bau der Schmalspurbahn zwischen Westerstede und Ocholt.
1869 hatte die Großherzoglich-Oldenburgische-Eisenbahn, kurz GOE, ihre Trasse von Oldenburg Richtung Leer verlegt und Westerstede war dabei links oder rechts liegengelassen worden, ganz wie man will. Das wollten die Westersteder jedoch nicht hinnehmen und bauten eine Schmalspurtrasse von der Anbindung zur GOE in Ocholt bis hin nach Westerstede, womit auch dort die Moderne Einzug hielt und die große weite Welt einem offenstand. Der Fahrbetrieb dieser Trasse ist inzwischen längst Geschichte, aber sie ist trotzdem noch in Betrieb, nämlich als Draisinenbahn. Eine Haltestelle befindet sich übrigens nur ein paar Schritte von hier entfernt, wenn Sie hinter dem Möhlenbült nach links dem Seghorner Weg folgen.
Technisch stellte der Bau Ende des 19. Jhds. sicher kein Problem dar, dennoch musste man einmal mehr den örtlichen Gegebenheiten Tribut zollen. Die Trasse kreuzte nicht weit von hier die Niederung der Kleinen Süderbäke. Und um die Gleise sicher, hoch und trocken verlegen zu können, brauchte es Sand. Diesen holte man sich vom Möhlenbült, und zwar in einer solchen Menge, dass die Anhöhe verschwand und sich stattdessen ein See auftat. Inzwischen war auch der Wald so weit aufgeforstet, dass sich letztlich daraus ein naturnahes Arrangement ergab.
Die Anwohner machten das Beste daraus: Für Jahrzehnte wurde aus dem Möhlenbült ein Badesee während der Sommerfrische, und im Winter wurde dort Eis geerntet für den eigenen Eiskeller. Heute wird hier zwar nicht mehr gebadet, dennoch lädt der See stimmungsvoll zum Verweilen ein.
Insofern bietet es sich an, hier noch ein bisschen durchzuatmen und die Eindrücke der Wanderung sacken zu lassen, bevor Sie sich auf den Rückweg machen.
Wir verabschieden uns an dieser Stelle von Ihnen. Wir hoffen, dass Ihnen diese Hörwanderung des Landschaftsinformationszentrums Ammerland und des Kulturkiekers gefallen hat. Und vielleicht sind Sie ja nun auf den Geschmack gekommen und möchten ihrerseits Wissen oder Erinnerungen aus unserer Region mit einem Beitrag auf der Website des Kulturkiekers teilen. Besuchen Sie uns doch einfach einmal im Netz unter www.kulturkieker.de! Oder besuchen Sie uns im Landschaftsinformationszentrum Ammerland im Jaspershof mit seinem vielfältigen Angebot.
Bis dahin verbleiben wir und sagen: Tschüss ok un dat geih jo good!