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Seit Beginn unserer Wanderung befinden wir uns auf dem Gelände des alten Jaspershofes. In einiger Entfernung ist der Lehrbienenstand des Imkervereins Westerstede/Bad Zwischenahn zu sehen. Auch finden sich auf dem Areal allerlei Obstbäume. Benannt ist der Hof übrigens nach seiner letzten Besitzerin, Gertrud Jaspers, die ihn 2004 der Stadt Westerstede vermacht hat.
Nun stehen wir direkt vor dem sog. „Küchengarten“, der ebenfalls zu dem alten Hof gehörte. Er wird betreut vom Verein „Küchengarten Jaspershof e.v.“. Sein Motto lautet: Jeder kann mitmachen, Erwachsene, Familien, Jugendliche und Kinder, alle sind willkommen, ob mit und ohne Fachkenntnisse. Es geht um Austausch und Tun rundum Garten, Küche und Gesundheit, es geht ums Mitmachen und Mitgestalten. Insofern ist dieses Areal wieder zum Gemeinbesitz geworden, gewissermaßen eine moderne „Allmende“. Und auch in anderer Hinsicht geht es um die Ursprünge von Garten- und Landschaftsbau. Denn Gärten waren eigentlich zunächst nichts anderes als Parzellen, auf denen man das anbaute, was man zum Leben brauchte. Das Konzept des „Küchengartens“, das dahingehend zurück zu den Wurzeln möchte, versteht sich in diesem Zusammenhang als Multiplikator: Die lokale, ökologisch orientierte und gesunde Produktion von Lebensmitteln versteht sich als Gegenentwurf zur industriellen Massenproduktion.
Während wir nun dem Weg weiter nach links folgen, erzähle ich Ihnen noch ein wenig mehr über den alten Jaspershof. An ihm lässt sich nämlich vieles festmachen, was typisch ist für die Entstehung der hiesigen Kulturlandschaft. Das Ammerland ist, wie Gesamtnorddeutschland, überformt von den Kältephasen der letzten Jahrzehntausende, der Eiszeiten. Das, was im Nordwesten von ihr übrigblieb, waren vor allem Sandhügel und Wasserläufe, die zwischen ihnen hindurchliefen. Für die Menschen, die vor etwa 5 oder 6-tausend Jahren begannen, hier sesshaft zu werden, kein ganz einfaches Terrain. Die Niederungen, obwohl prinzipiell recht fruchtbar, waren nämlich regelmäßigen Überschwemmungen ausgesetzt und verwandelten sich durch die Zeit vielfach in Moore. Die Sandhügel waren ihrerseits zwar vor dem Wasser geschützt, dafür aber in aller Regel recht dürr. Daher blieb unsere Region lange Zeit relativ dünn besiedelt. Das begann sich erst zu Anfang des Mittelalters zu ändern. Allerdings blieben die Grundvoraussetzungen weiterhin dieselben. Und das bedeutete für die Menschen zweierlei, nämlich erstens, dass die landwirtschaftlich zu erschließende Fläche auf dem Hügel, dem sog. „Esch“, sehr begrenzt war und andererseits, dass diese Fläche erst einmal in echten Ackerboden verwandelt werden musste. Zunächst einmal benutzten die Siedler das Laub der umliegenden Wälder als Einstreu in ihren Ställen und gewannen auf diese Weise Dünger für ihre Felder. Dadurch wurden die Wälder über die Jahrhunderte jedoch so ausgedünnt, dass die Bauern sich schließlich etwas anderes einfallen lassen mussten. Den Ersatz bildete die Plaggendüngung. Das bedeutet, die Bauern stachen im Umland ergiebige Humusplaggen aus dem Boden, durchmischten sie wiederum mit dem Mist ihrer Tiere und brachten sie auf ihren Feldern aus. Auf diese Weise ergab sich letztlich eine deutliche Zweiteilung in wertiges Ackerland einerseits, das dem einzelnen Bauern zugehörig war, und andererseits das weitgehend dürre unbeackerte Umland, das alle gemeinsam nutzten, die Allmende, Gemeinheit oder Meenheide wie Ältere von Ihnen es vielleicht von zuhause kennen.
Infolge einer wachsenden Bevölkerung wurde der ursprüngliche Esch mit der Zeit zu eng und man begann damit, seine Randgebiete zusätzlich zu kultivieren. So ein neu hinzugewonnenes Feld nannte man von alters her „Kamp“. Und auf genau einem solchen befindet sich der Jaspershof, der als Gebäudeensemble hier um das Jahr 1900 entstand. Später gab es hier noch eine Baumschule, doch auch das ist mittlerweile längst vergangen. Stattdessen ist der Kamp gewissermaßen seiner ursprünglichen Nutzung als Allmende wieder ein Stück entgegengewachsen, wie wir an dem Küchengarten gesehen haben.