Hufeisenregion

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Ja , da geht sie hin, die „Blaue Donau“. Nee! Nicht missverstehen, nicht der Fluss, sondern die alte Kneipe hier in Kloster Oesede. Wird auch Zeit, dass das schäbige Ding hier endlich wegkommt… Jawohl da haben wir´s doch gleich. Und weg ist das Ding! Hee! Was ist das? Mensch, mir sackt der ganze Bagger weg!
Als im Jahre 2006 die alte Gaststätte „An der blauen Donau“ abgerissen wurde, stieß man auf ein halb vergessenes Stück Bergbaugeschichte. Ein Abrissbagger brach in den Stollen des alten Ottoschachtes ein, der an dieser Stelle knapp unterhalb der Oberfläche verlief.
Dieser Ottoschacht steht für den Höhepunkt des hiesigen Kohleabbaus in der zweiten Hälfte des 19. Jhds. und gleichzeitig für dessen Niedergang.
Kohle wurde rund um Kloster Oesede schon seit dem späten Mittelalter gegraben, da die Kohleflöze bis an die Oberfläche ragten. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts gab es einen staatlich organisierten Tagebau. Als die auf diese Weise erreichbaren Kohleflöze aber erschöpft waren, hatte sich inzwischen etwas für die Region Grundlegendes getan: Die Stahlhütte in Georgsmarienhütte war gegründet worden und diese brauchte unablässig neue Rohstoffe. Um für sie neue Ressourcen zu erschließen, wurden mehrere Tiefbauschächte gegraben, deren Stollensysteme miteinander vernetzt wurden. Hier in Kloster Oesede wurde der Ottoschacht gegraben. 1867 hatte er bereits eine Tiefe von 130m erreicht, im Jahr darauf begann die Kohleförderung.
Angesichts der unzähligen Tonnen Kohle, die zur Stahlhütte verfrachtet werden mussten, wurde die Logistik zum belastenden Problem: Um dieses zu lösen, gab es nur einen brauchbaren Ansatz: Es musste eine Bahnverbindung vom Ottoschacht zur Georgsmarienhütte her. Die 3,1 km lange Schienenverbindung wurde am 1. November 1881 eröffnet und zunächst von der hütteneigenen Georgsmarienhütten-Eisenbahn betrieben. 1886 folgte der Anschluss an die staatliche Bahnstrecke zwischen Osnabrück und Brackwede bei Bielefeld.
Nur wenige Jahre später wurde deutlich, dass der Kohleabbau bei Oesede seine Tücken hatte. Die Kohleflöze haben hier eine vergleichsweise geringe Mächtigkeit und sind teilweise tektonisch gestört. Das Schlimmste aber war, dass das Wasser der Düte begann, in die Schächte einzudringen. Auf diese Weise erhöhten sich die Kosten für den Kohlebergbau vor Ort drastisch, und das, wo gleichzeitig billige Kohle aus dem Ruhrgebiet auf den Markt drängte. Schon 1889 wurde deshalb der Ottoschacht geschlossen. Die einstmals über 500 Zechenkumpel mussten sich eine neue Beschäftigung suchen und gingen meistenteils ins Ruhrgebiet oder ins Saarland.
Die Gleisanlagen am Ottoschacht wurden umgebaut und 1908 ein neues Bahnhofsgebäude errichtet. Gleichzeitig wurde der Bahnhof in Kloster Oesede umbenannt.
Wie weitausgreifend das Stollensystem unter der Gemeinde Georgsmarienhütte war, geriet weitgehend in Vergessenheit. Erst seit der Wiederentdeckung des Ottoschachtes unter der „Blauen Donau“ begann man sich wieder eingehender zu erinnern. Ziel ist es inzwischen, in Georgsmarienhütte einen Lernstandort Bergbau aufzubauen. Auch halten Straßenamen wie Ottoschacht, Glückaufstraße, Steigerstraße oder Zum Stollen die Erinnerung an die Bergbaugeschichte wach.