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Ein Grenzgänger von besonderer Natur ist niemand anderer als der Teufel. Ist er es doch, der geradezu sinnbildlich dafür steht, Grenzen zu überschreiten. Auch Bad Laer hat mit dem Teufel so seine Erfahrungen. Einst hatten die Leute hier nämlich eine Glocke gegossen und unter großen Mühen im Turm der alten Kirche aufgehängt. Allerdings hatten sie bei der vielen Plackerei ganz vergessen, die Glocke ordentlich zu weihen. Das nun war für den Teufel eine Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen konnte. Kaum war der erste Glockenton erklungen, kam er auf den Winden des Sturmes herangefahren, riss die Glocke aus ihrer Verankerung im Turm. Auf die entsetzten Menschen von Bad Laer muss es dabei Steine und Mörtel geregnet haben! Der Teufel nahm die Glocke nun und versenkte sie in dem See, der noch heute seinen Namen davon trägt, nämlich im Glockensee.
Lange haderten die Leute von Bad Laer mit dem, was geschehen war, und dachten darüber nach, wie man die Glocke bergen könne. Ein Mann, der ein geschickter und ausdauernder Taucher war, erbot sich, in dem See nach dem rechten zu sehen und, wenn möglich, die Glocke hinaufzuholen. Der halbe Ort, wenn nicht sogar der ganze, versammelte sich um den Teich und sah zu, wie der Taucher erst vorsichtig, dann wagemutig in das Wasser eintauchte und schließlich verschwand. Nach einer Weile sahen die Leute drei große Luftblasen wie von schneeweißem Dampf aus dem See aufsteigen. Da mag der eine oder andere schon nichts Gutes geahnt haben! Wenig später brauste das Wasser wie im Sturm auf, während sich an einer Stelle mitten im See das Wasser langsam blutrot verfärbte!
Seitdem hat man dort nie wieder jemanden hinuntergeschickt, daher liegt die Glocke noch heute dort. Und wenn im Ort die Kirchenglocken läuten, dann läutet auch die Glocke im See mit ihnen. Alle Fremden, die nach Bad Laer kommen, vermeinen vielleicht nur ein Echo am See zu hören, aber die Einheimischen, die wissen es besser!