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„Der Bischof von Bremen hatte es verstanden, vom Papst einen Aufruf zum Kreuzzug zu erwirken. Aus ganz Europa strömten daher die Ritter zusammen, um gegen die Stedinger Bauern in den Krieg zu ziehen. Im Jahre 1234 kam es zur Schlacht bei Altenesch, in der die Kreuzritter siegten und ein furchtbares Strafgericht abhielten. Daraufhin war das Stedingerland so entvölkert, dass die Wölfe in der Kirche von Elsfleth hausten.“ – So erzählt es jedenfalls die Sage.
Nicht, dass ich behaupten will, dass sich die Sache genauso zugetragen hätte, aber immerhin ist bekannt, dass sich in solcherlei Sagen oft historische Erinnerungen verstecken. Die eine ist, dass es diesen Kreuzzug und die Schlacht bei Altenesch tatsächlich gegeben hat, die zweite ist, dass es damals schon eine Kirche in Elsfleth gab, allerdings noch nicht die St.-Nicolai-Kirche, die Sie hier vor sich sehen. Die alte Elsflether Kirche wurde ein Opfer der Unbilden der bei uns manchmal sehr stürmischen Gezeiten. Nach einer Reihe von Flutkatastrophen, die die gesamte Landschaft und auch die Flussläufe verändert hatten, wurde die alte Kirche Ende des 15. Jhds. ausgedeicht und aufgegeben.
In Elsfleth gab es aber eine Kapelle für den Heiligen Nikolaus von Myra, nicht zufällig den Schutzheiligen der Seefahrer. Im Jahre 1503 baute man sie zur Kirche aus, wobei man dann wiederum die Steine der alten, aufgegebenen Kirche verwendete. Das bedeutet, ein Stück weit steckt diese alte, sagenhafte Kirche also doch irgendwie in unserer St.-Nicolai-Kirche, besonders sichtbar in der Westmauer.
1633 wurde die Kirche erweitert, allerdings in einer recht eigenwilligen Weise. Es wurde im Winkel angebaut, was zugleich auch eine soziale Zuordnung beinhaltete, denn so saßen die Zöllner, die für den von Graf Anton Günther neuerworbenen Weserzoll zuständig waren, etwas für sich. Als einige Jahrzehnte später dieser Winkel noch verlängert wurde, war Anton Günther schon längst tot und die Herrschaft in Oldenburg an die dänische Krone vererbt worden. Nun nahmen hier nicht nur die Zöllner, sondern auch eine Abteilung dänischer Soldaten Platz, was dazu führte, dass dieser Winkel bei den Einheimischen nur noch „Dänischer Flügel“ hieß. Übrigens, lassen Sie sich hier von den beiden übereinanderliegenden Fensterreihen nicht irritieren. Es existiert im Inneren nur ein einziges Stockwerk und nicht etwa zwei, die vielen Fenster sollen lediglich für Licht sorgen!
Auch der Friedhof an der Nicolai-Kirche verweist auf die lange Geschichte der Stadt Elsfleth. Im hinteren Teil des Areals befinden sich elf sogenannte „sprechende Steine“. Das sind uralte Grabsteine, teilweise noch aus dem 17. Jahrhundert, die eine Menge über ihre einstigen Besitzer zu erzählen haben. Diese Steine standen früher über den ganzen Friedhof verteilt, doch mittlerweile hat man sie an einer Stelle zusammengetragen. So sind sie leicht zugänglich und auffindbar, ohne sie lange suchen zu müssen.