Oldersum
Der Bierkrieg und die alte Waage
In Oldersum gab es mit dem Emdern in alter Zeit einen Bierkrieg. Damit Sie sich jetzt keine falschen Vorstellungen machen: Dabei ging es natürlich nicht um das Biertrinken, sondern um den Verkauf des Bieres.
Die alten Oldersumer waren passionierte Bierbrauer, so dass der Markt, der vor Ort regelmäßig abgehalten wurde, landläufig „Hoppmarkt“ hieß, also der Markt, auf dem der Hopfen eingekauft wird. Auch soll das hiesige Bier recht anständig gewesen sein, ganz im Gegensatz zu dem aus Emden, das die Oldersumer nur verächtlich als „Jauche“ bezeichneten. Allein daran merkt man schon, dass man sich nicht ganz grün war! Das war jedoch noch nicht alles, denn die Emder setzten eine Akzise auf das Oldersumer Bier, d. h. sie besteuerten es ganz ordentlich und zwar mehr als die Erzeugnisse der eigenen Stadt. Darüber ärgerten sich die hiesigen Brauer natürlich sehr, weil es ihr Bier in Emden teurer machte, als es eigentlich hätte sein müssen. Der Ärger darüber drang sogar bis in gräfliche Kreise, so dass Graf Johann von Ostfriesland anno 1580 den Emdern ein Beschwerdeschreiben übersandte und mit landesherrschaftlicher Autorität die Akzise untersagte.
Das wiederum brachte die Bierbrauer aus Emden auf die Barrikaden, denn nun wurde nur noch ihr Bier besteuert, aber nicht mehr das aus Oldersum. Die Stadtoberen aus Emden wiederum argumentierten, dass ohne die Besteuerung der Handelsware aller Art die Kosten des Stadtsäckels einfach nicht beglichen werden könnten. Das klang alles nicht nach Einigung, und so traf man sich vor Gericht. Sowohl einer kaiserlichen Kommission als auch den Vertretern der Niederländischen Generalstaaten wurde das Problem vorgelegt. Aber tatsächlich mahlten die Mühlen der Justiz damals noch wesentlich langsamer als heute, und so musste man auf ein Urteil so lange warten, dass keiner der Beteiligten noch zu seinen Lebzeiten das Urteil zu hören bekam.
Unterdessen versorgten sich die Streithähne aber gegenseitig mit allerhand Nickligkeiten. Als bei Mönnikeborgum, ein Stück nördlich von Oldersum, die Brücke über die Grove baufällig wurde, nahmen die hiesigen Verantwortlichen die Gelegenheit beim Schopf und ließen eine neue Brücke bauen, die die Fahrtrinne unter ihr just ein klein wenig schmaler ausfallen ließ. Die Emder Bierbrauer aber, die ihr Süßwasser über diesen Schiffsweg aus dem Landesinneren holen mussten und deren Kähne ordentlich breit waren, fuhren hier fortan mit ihren Schiffen in die Sackgasse. Na, wenn das mal nicht Absicht gewesen ist!
Übrigens wurde natürlich alles Bier wie auch alle anderen Handelswaren, in der Alten Waage in Oldersum abgewogen, die heute als stimmungsvolle Pension für „Slapen un Eten“ genutzt wird, die ostfriesische Version des „Bed and Breakfast“.