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Nein, tut mir leid, da haben Sie etwas gründlich falsch verstanden! Bei dem Ausruf „olle use“ handelt es sich keineswegs um eine despektierliche Bezeichnung für eine Dame fortgeschrittenen Alters!
„Olle use“ bedeutet nämlich nichts anderes als „Alles unsers“ und ist im Raum Osnabrück das traditionelle Motto der sogenannten Laischaften, der Bürgergemeinschaften, wenn sie ihren gemeinschaftlichen Grundbesitz in Augenschein nahmen.
Zu Zeiten, als es noch kein Katasteramt gab, war es wichtig, allgemeinverbindlich Grenzen zu begutachten und damit festzulegen. Und genau das tat eine Laischaft, wenn sie alle 7 Jahre ihre Begehungstour, ihren „Schnatgang“, beging. Der Begriff „Schnat“ ist verwandt mit dem Wort „Schneise“ und bezeichnet nicht viel anderes als das Wort „Grenze“. Bei einem „Schnatgang“ wurden also die Grenzen abgelaufen, wobei der Nachwuchs mitgenommen wurde, damit auch er in Zukunft wusste, was alles zum Gemeinschaftsbesitz gehörte. Diese Tradition ist seit dem 16. Jhd. beurkundet und hatte damals durchaus seine Notwendigkeit. Später, als die Grenzen katasteramtlich festgelegt waren, wurde der Schnatgang dagegen eher zu einer beliebten Folklore mit Volksfestcharakter. Mit Hut, Stock und Blaskapelle beging man einen regelrechten Umzug. Und dabei ging es oftmals recht robust zu. Die Jungen wurden mit Backpfeifen und dem Ausruf „Kickes, dat is!“ dazu aufgefordert, sich den Grenzverlauf zu merken, Neubürger wurden unsanft über die Grenzsteine gehievt und der Alkohol, naja, über den reden wir am besten gar nicht erst. In ihrem Zuständigkeitsbereich hat die preußische Obrigkeit, die ja als Inbegriff der Ruhe und Ordnung gilt, den Schnatgang im Jahr 1841 sogar verboten, „wegen Verübung mehrerer grober Exzesse“, wie es im offiziellen Wortlaut hieß. Heute jedoch wird der Schnatgang wieder regelmäßig begangen, als liebenswerte regionale Tradition. Und zwar nicht nur in Osnabrück selbst, sondern auch im Umland, wo er ebenfalls traditionell zum gemeinschaftsbildenden Repertoire gehörte.
Warum erzähle ich Ihnen das eigentlich alles? – Na, der Weg hier in Sichtweite, genau an der Grenze zwischen Ostbevern und Glandorf heißt - wie kann es anders sein? – Schnaatweg! Und jetzt wissen Sie, was es mit dieser Bezeichnung auf sich hat! Übrigens wechseln Sie genau hier als Grenzgänger zwischen den alten Bistümern Münster und Osnabrück – und damit heutigentags zwischen den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.