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Wenn Sie nach rechts schauen, blicken sie über ein freies Feld. Das sich hier verändernde Bodenniveau gibt uns schon einen Hinweis auf die Gegebenheiten, die sich jenseits unseres Blickes hinter dem entfernt liegenden Waldstück ergeben. Dort befindet sich nämlich die Geesterhebung mit dem Esch des alten Dorfes Mansie. Während wir weiter dem Torholter Kirchweg folgen, möchte ich Ihnen ein wenig darüber erzählen.
Der Esch von Mansie hatte es Siedlern schon vor sehr sehr langer Zeit angetan. Archäologen haben dort Reste einer Siedlung gefunden, die sie erstaunlich früh datiert haben, nämlich ins 9. vorchristliche Jahrhundert. An anderer Stelle des Eschs sind Überreste einer chaukischen Siedlung aus den ersten Jahrhunderten nach Christus entdeckt worden. Dann gibt es jedoch offenbar eine Siedlungslücke, zumindest sind für die Folgezeit keine Funde verzeichnet. Damit ist der Befund in Mansie ganz ähnlich wie in der gesamten Region, was mit der historischen Überlieferung korrespondiert. Im 4. Jahrhundert gehen die hier heimischen Chauken in den Großstamm der Sachsen auf. Die Sachsen wiederum gehen auf Raubzüge ins Römische Reich, insbesondere nach Britannien, bis sie dort beginnen, permanent zu siedeln. Vielleicht lebte es sich damals im Süden Englands leichter als in unseren Gefilden. Jedenfalls dünnte die Bevölkerung vor Ort aus.
Erst mit der Invasion der Franken im 8. und 9. Jhd. werden die Siedlungstätigkeiten in unserem Raum wieder greifbarer. Wohl aufgrund von Siedlungsmaßnahmen unter Karl dem Großen und seiner Nachfolger lassen sich vermutlich sächsische Siedler im Ammerland und auf dem Esch von Mansie nieder. Ob sie gleichzeitig kommen oder erst nach und nach, bis das Potential des Eschs erschöpft ist, bleibt unklar. Sie teilen das Ackerland unter sich auf und verständigen sich über die Grenze zur Allmende. Diese ursprünglichen Hausstellen bleiben über Jahrhunderte hinweg die kontinuierlichen Größen dieser Siedlungsgemeinschaft. Jeder Hof erhält durch Traditionsbildung seinen Namen, der schließlich zum Beinamen oder Nachnamen seiner Bewohner wird. Das gilt selbst, wenn der Hof später einmal veräußert wird und eine andere Familie dort einzieht. Der Name bleibt und überträgt sich auch auf die neuen Bewohner. Auf diese Weise gibt es eine ganze Reihe von typischen Namen, die auch heute noch im Ammerland weit verbreitet sind.
Die ursprünglichen Hofstellen werden auch Hausmannstellen genannt. Ihre Besitzer bilden durch alle folgenden Jahrhunderte hindurch die bäuerliche Oberschicht. Auch wenn sie im Laufe des Mittelalters in aller Regel in die Leibeigenschaft fallen, bleiben sie dennoch Inhaber stolzer Besitzungen und setzen sich von den erst später hinzugekommenen Siedlern ab. Wer zu einer nachfolgenden Siedlergeneration gehört, muss sein Haus bzw. seine Kate an den Rand des Eschs bauen. Als solcher wird man „Köter“ genannt und erweist sich damit als jemand der weniger oder schlechteres Land besitzt und damit den Hausleuten sozial nachgeordnet ist. Diejenigen, die noch später hinzukommen und nicht über so viel Land verfügen, dass sie davon leben können, müssen sich als Landarbeiter anheuern lassen. So jemand ist ein Heuerling, der wiederum in der Hierarchie unterhalb des Köters steht.
Diese Entwicklung gilt bis auf einige individuell bedingte Abweichungen für alle Eschsiedlungen des gesamten Ammerlandes und hat sie noch bis ins 20. Jhd. geprägt.
Mansie verfügt darüber hinaus jedoch noch über zwei Besonderheiten. Die eine ist der Heerweg, der den Mansinger Esch berührt, d.h. die Siedlung war verkehrstechnisch gut angebunden, wie man heute so schön sagt. Zudem lag ganz in der Nähe die Burg der Ritter von Mansingen, deren Name sicherlich mit der Siedlung in Verbindung steht. Die Mansinger waren vermutlich eng verwandt mit den Fikensoltern, die einigen Besitz in Mansie hatten. Ihre Kirche bauten die Fikensolter jedoch auf dem Esch von Westerstede, der für sie günstiger gelegen war.

Lassen Sie uns dem Torsholter Kirchweg noch ein letztes Stück folgen, bis wir am Möhlenbült ankommen und damit am Ziel unserer Wanderung.