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Von urzeitlichen Wäldern und der Steinkohle
Ach, ist das hier schön grün! Nein, ich zitiere keinen alten Loriot-Sketch! Schauen Sie sich doch mal um! Na, wenn das nicht schön grün ist – und zwar nicht nur der Rasen, sondern auch die waldreiche Landschaft. Ich will zwar nicht behaupten, dass dem schon immer so war, aber zumindest stehen die hiesigen Wälder in guter Tradition, nur dass vor sehr sehr langer Zeit die Wälder hier aus Schachtelhalm bestanden, den Sie als Heilkraut oder vielleicht auch als Unkraut kennen. Damals war der CO2-Gehalt in der Luft jedoch deutlich höher, das Klima hier an Ort und Stelle wesentlich wärmer und entsprechend die Pflanzen um ein Vielfaches größer, so dass man durchaus von einem Wald sprechen kann. Das war vor etwa 140 Millionen Jahren. Wir dürfen uns also vorstellen, dass sich hier damals diverse Dinosaurierarten in einem sumpfigen Küstenwald am Rande eines Meeres tummelten.
Die Dinosaurier sind inzwischen längst verschwunden, aber die Wälder von damals, die sind tatsächlich immer noch da! Allerdings in deutlich veränderter Form. Die abgestorbenen Pflanzenreste zersetzten sich wegen des sumpfig-feuchten Untergrundes und des daraus resultierenden Sauerstoffausschlusses nur schwer oder gar nicht, sondern sammelten sich als Torf im Boden. Kleinere Schwankungen des Meeresspiegels bewirkten, dass sich der Küstensumpf mal mehr nach Norden oder Süden verlagerte, so dass sich der Torf mit sandigen und kalkigen Sedimenten abwechselte. Insgesamt fünf Mal vollzog sich dieser Prozess. Durch den enormen Druck, der durch das Gewicht der vielen sich übereinander ablagernden Schichten entstand, wurden mit der Zeit die Sedimente zu Sand-, Ton- und Kalkstein gepresst. Die Pflanzenreste aber wurden zu Kohle! Die Ruhrgebietskohle ist übrigens ganz ähnlich entstanden, wobei sie aber 2-3 mal so alt ist wie unsere hiesige Dornberger. Vor 70 Millionen Jahren war es dann endgültig vorbei mit dem Meeresrauschen. Afrika hatte begonnen, sich nordwärts in Richtung Europa zu bewegen, was Spannungen verursachte, die sich auch weit nach Norden hin bemerkbar machten. So hob sich hier das Gelände langsam, aber sicher an, so dass der Höhenzug des Teutoburger Waldes entstand, auf dem wir gerade stehen. Dabei wurden die ursprünglich übereinander liegenden Gesteinsschichten vielfach durcheinandergewürfelt und teilweise bis in die Senkrechte hinein gekippt. Daher können Geologen vor Ort viele unterschiedliche Schichten beobachten, die hier an die Erdoberfläche reichen. Unter anderem eben auch Kohlebänder, sog. „Flöze“, was den Menschen, die hier lebten, schon früh die Möglichkeit eröffnete, statt Holz anderen Brennstoff zu gewinnen. Der Rundweg „Bergmannsweg Kirchdornberg“, der sich zu Ihren Füßen erstreckt, bietet Ihnen noch einiges mehr zur Bergbaugeschichte der Region. Auch begegnen Sie dort dem Riesenschachtelhalm, dem Nachfahren der Pflanze, aus der sich ehemals die Kohle gebildet hat, zumindest während der wärmeren Jahreszeit. Folgen Sie dazu einfach der Markierung „Schlägel & Eisen“. Besuchen Sie die Infostationen am Wegesrand oder lassen Sie sich leiten und begeistern vom kleinen Max, der Sie in einer wegbegleitenden Hörgeschichte mitnimmt in die Zeit, in der der Kohlebergbau in Kirchdornberg noch alltäglich war.
Der Kaiser auf der Schwedenschanze
Na, wenn dieser Aufstieg sich nicht gelohnt hat! Auf ganze 306,3 Meter über dem Meeresspiegel haben Sie es bis hier hinauf auf den Bußberg geschafft. Und das ist erstens gut für Ihre Gesundheit und zweitens können Sie nun diese wunderbare Aussicht genießen!
Sie befinden sich hier auf der „Schwedenschanze“, dem Gelände einer Wallanlage aus dem 17. Jhd. Der Name „Schwedenschanze“ hat mit dem Durchzug der Schweden im 30jährigen Krieg übrigens nichts zu tun, es ist vielmehr die volkstümliche Bezeichnung für einen solchen Wall, der zu Verteidigungszwecken aufgeworfen wurde. Man muss schon genau hinschauen, um die heute noch erhaltenen Reste der Schanze neben der Schutzhütte zu entdecken. Die hiesige „Schwedenschanze“ entstand vermutlich, als Brandenburg, zu dem Bielefeld seit dem Westfälischen Frieden gehörte, Ärger mit dem Erzbischof von Münster hatte. Die verpflichtete Landwehreinheit legte diese Schanze an, um die Münsteraner an dem Pass unterhalb des Berges aufzuhalten. Zum Glück nahmen diese für ihren Raubzug einen anderen Weg und verschonten Dornberg.
Auch die Schutzhütte auf diesem Aussichtspunkt hat ihre ganz eigene Geschichte. Sie trägt den etwas pompösen Namen „Kaiser-Friedrich-Gedächtnishütte“ und ihre ursprüngliche Absicht war es, an den 1888 verstorbenen Kaiser Friedrich III. zu erinnern, der nur 99 Tage regierte. Im Gegensatz zu seinem heißspornigen Sohn Wilhelm II., der am Ersten Weltkrieg nicht ganz unschuldig war, galt Friedrich eher als verständig und volksnah. Insofern machte es durchaus Sinn, ihm ein Denkmal errichten zu wollen. Der Grundstein wurde 1891 gelegt. Das Projekt kämpfte jedoch von Anfang an mit großen Problemen: Die Mittel wurden knapp, die Bronzetafel, die auf Kaiser Friedrich verwies, wurde nach nur wenigen Jahren stibitzt dazu hatten immer wieder einige Leute Spaß daran, die Hütte zu ruinieren. Schließlich gab es sogar einen Brand. Insofern ist von dem historischen Bau nicht mehr viel übrig. Die Schutzhütte, die heute hier steht, ist vielmehr das Ergebnis einer grundlegenden Sanierung, die erst vor wenigen Jahren durch vielfaches ehrenamtliches Engagement möglich gemacht wurde. Allerdings ist ein Hinweis auf Friedrich III. erhalten geblieben, und das ist sein selbstgewählter Wahlspruch, der heute wieder an der Hütte prangt: „Leiden ohne zu klagen“ heißt es hier, ein Hinweis auf die Leidens- und Krankengeschichte dieses Kaisers, der nicht besonders alt geworden ist.
Bei der Instandsetzung des Aussichtspunktes wurden auch die Sichtschneisen erweitert, so dass man nun einen weiten Blick auf das Ravensberger Hügelland genießt. Schon fast im Norden, am linken Rand Ihres Panoramas, erkennen Sie eine steinerne Kirche mit hellblauem Dach. Das ist die Peterskirche in Kirchdornberg – übrigens zu unterscheiden von Großdornberg und Niederdornberg, zwei weiteren Ortschaften ganz in der Nähe. Diese Kirche ist mit ihrem Turm aus dem 11. Jhd. uralt, ein Vorgängerbau stand hier sogar schon vor dem Jahre 800. Damit ist sie eines der ältesten Gebäude auf dem Stadtgebiet Bielefelds. Übrigens hat Ihnen Kirchdornberg noch mehr zu bieten, nämlich den Rundweg „Bergmannsweg Kirchdornberg“, der sich auf rund 3 km Länge im ehemaligen Bergbaugebiet zu Ihren Füßen erstreckt. Folgen Sie dazu einfach der Markierung „Schlägel & Eisen“. Am Wegesrand bieten Ihnen dazu Infostationen allerhand Wissenswertes.