Das sogenannte Schweden-Kreuz auf dem ehemaligen Hof Schultewerth um 1990

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Der 30jährige Krieg schrieb unzählige furchtbare und tragische Geschichten. Eine davon fand hier in Glandorf auf dem Hof Schultewerth statt. Ein Kreuz, das heute noch auf dem Hof in Ehren gehalten wird, hält die Erinnerung daran wach und mahnt zum Frieden und zur Mitmenschlichkeit.

Der kaiserliche General Wallenstein prägte einen verheerenden Satz, der in das deutsche Sprachgut einfloss. Er vertrat die Auffassung, der Krieg müsse den Krieg ernähren, was nichts anderes hieß, als dass die Versorgung der Soldaten nicht durch militärische Logistik zu leisten sei, sondern dass sich die Soldaten einfach aus der Umgebung beschafften, was sie brauchten. Städte und Dörfer wurden geplündert, Kontributionen - eine Art Schutzgeld - erpresst. Und wer nicht zahlen konnte, dem drohten Brand und Mord. Die Soldaten aller kriegsführenden Parteien waren durch den langen Krieg derart entmenschlicht, dass ihnen nichts mehr heilig war und mit Waffengewalt taten, was sie wollten.

Nach mehreren Siegen über die kaiserlichen Armeen rückten die Schweden nach Westfalen ein. Osnabrück wurde besetzt und auf dem Schloss Iburg bezogen schwedische Besatzungstruppen Stellung. Der Krieg verschlang Unsummen, daher wurden den Bauern der umliegenden Gegend hohe Kontributionen auferlegt. Glandorf sollte 300 Goldgulden aufbringen, und das, nachdem das Dorf in den letzten Jahren ohnehin schon mehrfach geplündert worden war. Die Bauern waren verzweifelt und boten den Schweden die Güter an, die sie noch irgendwie auftreiben konnten. Aber das reichte nicht einmal ansatzweise. Die Übergabe fand auf dem Hof des Bauerrichters Schultewerth statt. Während die Schweden das Haus durchsuchten, um vielleicht noch irgendetwas anderes mitgehen zu lassen, entdeckten sie die drei Töchter des Bauern, die nur mit knapper Not entkommen konnten. Aber die Schweden wussten nun, dass auf diesem Hof noch eine andere, kostbare Beute auf sie wartete. Deshalb zogen sie sich erst einmal zurück und gaben vor, zufrieden zu sein. Doch nur einige Tage später standen sie zum Schrecken der Hausbewohner wieder vor der Tür. Die jungen Frauen wurden eingesperrt, auf dem Hof das Oberste zuunterst gekehrt, und der Bauer aufs Schlimmste traktiert. Als der Offizier der Truppe, Anders Ryhelander, begann, die gefangenen jungen Frauen zu belästigen, wehrten sie sich so heftig, dass sie den Schweden ernsthaft verletzten. Daraufhin erging ein furchtbares Strafgericht: Die Älteste wurde lebendig an die Hofeiche genagelt und starb einen grausamen und langsamen Tod, auch die Mittlere überlebte den Tag nicht, lediglich die Jüngste entkam durch einen mutigen Helfer.

Inzwischen hatten sich eine Reihe Glandorfer Burschen zusammengetan und wollten sich rächen. Sie bereiteten den Soldaten einen Hinterhalt, konnten aber gegen die kriegserfahrenen Schweden nicht gewinnen. Im Gegenteil, jetzt wurde alles noch viel schlimmer. Wachtmeister Ryhelander befahl seinen Soldaten, ganz Glandorf einzuäschern. So ging am 5. Mai 1636 das gesamte Dorf in Flammen auf, nicht einmal die Kirche blieb verschont.

Schultewerths Hofeiche wurde schnell gefällt. Ihr Anblick war den Glandorfern unerträglich geworden. Stattdessen errichtete man dort ein Kreuz zum Gedenken an das entsetzliche Geschehen, welches hier stattgefunden hatte.

Glandorf brauchte viele Jahre, um sich wieder zu erholen. Einzelne Höfe zahlten noch fast 150 Jahre später ihre Schulden ab, die aus den Zerstörung und Kontributionszahlungen des 30jährigen Krieges entstanden waren.