Foto - Stefan Herringslack

Lengerich

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Bald fielen die Schweden über den Rhein herüber und jagten die Kaiserlichen aus ihren Quartieren, bald jagten diese wieder jene hinaus. Kein Mensch durfte sich auf dem Lande blicken lassen. Fing man ihn, so wurde er unbarmherzig misshandelt. Weil keine Lebensmittel mehr auf dem Lande waren, wurden die Dörfer von allen Einwohnern verlassen.
Auf Teuerung folgte große Hungersnot, so wurden viele dermaßen schwach, dass sie nichts als Haut und Knochen waren.

So beschreibt ein Zeitgenosse die Zustände in Deutschland während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648. Die Lage war verzweifelt und lange gab es kaum Aussicht auf Besserung, denn die europäischen Großmächte hatten sich damals Deutschland als Schlachtfeld ihrer nicht enden wollenden Fehden gewählt. Erst als nach fünfundzwanzig Jahren alle Kriegsparteien erschöpft waren, konnte das furchtbare Blutbad, in dem es schon lange keine Sieger mehr gab, beendet werden. Neben den Deutschen verblieben noch zwei andere Kriegsparteien, nämlich die Schweden und die Franzosen. Der Verhandlungsplatz Westfalen war ideal, weil hier einerseits die Frontlinie lag, andererseits Münster und Osnabrück vom Krieg bislang verschont geblieben waren, so dass sie den vielen Gesandtschaften und Durchlauchten anständige Unterkunft und andere Bequemlichkeiten bieten konnten. In Münster wurde mit Frankreich verhandelt, in Osnabrück mit den Schweden. So umging man langwierige Streitereien um Rangfolgen und Etikette.

Lengerich aber befand sich in der goldenen Mitte zwischen beiden, hatte eine gut passierbare Straße und Räumlichkeiten für Unterkonferenzen. Schon 1644 kamen hier Gesandte des Kaisers und des spanischen Königs zusammen. Bevor es aber wirklich zu einer endgültigen Friedenskonferenz kommen konnte, musste noch geklärt werden, wer für die deutsche Seite mitverhandeln durfte: nur der Kaiser oder auch die anderen Reichsstände? Im Juli 1645 versammelten sich die Gesandten der beteiligten Parteien in Lengerich und einigten sich schließlich darauf, dass alle Reichsstände, dh. Fürsten, Grafen und Vertreter der freien Reichsstädte an den Verhandlungen teilnehmen dürften. Dieses Lengericher Verhandlungsergebnis oder Conclusum, wie man auf Latein sagt, kam einer außenpolitischen Entmachtung des Kaisers gleich. Gleichzeitig machte es aber den Weg für die Hauptverhandlungen in Münster und Osnabrück frei, so dass 1648 endlich der langersehnte Friede geschlossen werden konnte. Unser Denkmal zeigt den Schattenriss eines der damaligen Friedensreiter, die die Nachricht im ganzen Land verbreiteten.

Sie sehen, Münster und Osnabrück sind zwar mit Recht die Städte des Westfälischen Friedens, aber ohne unser kleines Lengerich wäre es nie dazu gekommen.