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Zu Pfingsten ist in Wildeshausen immer etwas los! Das kann ich Ihnen sagen! Das ist der Höhepunkt des ganzen Jahres! Dann findet hier nämlich das traditionelle Gildefest statt!
Ich kann Ihnen versichern, das Gildefest in Wildeshausen ist etwas ganz Besonderes. Es ist nämlich das nach Form und Herkunft althergebrachte und traditionsreiche Fest der wirklich uralten Wildeshauser Schützengilde. Und diese ist mit den Bürgern und der Geschichte der Stadt seit vielen hundert Jahren aufs Engste verwoben.
Die Geschichte der Gilde als Bruderschaft reicht bis weit ins Mittelalter zurück. Als mit der Armbrust zunehmend die Schusswaffe in Gebrauch kam, orientierte sich die Stadtverteidigung mehr und mehr aufs Schießen. Dazu kam, dass die Bürger der Städte in dieser Zeit auf Selbstverwaltung drängten, und die Institutionen, die dabei eine zentrale Rolle spielten, waren die Zünfte und die Gilden. Die Gilde hatte jedoch von Anfang an noch viel mehr Aufgaben als nur das Schützenwesen. Sie sorgte auch für soziale Absicherung und soziales Miteinander.
Die Mitglieder der Brüderschaft, die in langen Listen eingetragen waren, zahlten zu gemeinschaftlichen Zwecken ein und waren damit ein Stück weit abgesichert. Dazu passt, dass es in der Anfangszeit noch eine andere Bruderschaft gegeben hat, die mit der Schützenbruderschaft personell weitgehend übereinstimmte. Das war die sogenannte Leichnamsbruderschaft, die dafür sorgte, dass die Mitglieder angemessen bestattet wurden - eine Form der Gilde, die es nicht nur in Wildeshausen gab und die sich insbesondere in Pestzeiten herausgebildet hat. Diese Form der Bruderschaft lebt heute weiter in der Totenlade der Wildeshauser Schützengilde.
Seit Jahrhunderten unverändert ist die Art und Weise, wie der Schützenkönig gekrönt wird. Schon in sehr alten Urkunden ist die Rede davon, dass die Gilde sich zu Pfingsten zu diesem Zweck versammelt habe. Es wird auf einer 32m hohen Stange ein eiserner Vogel befestigt, der heruntergeschossen werden muss. Wem das gelingt, ist der neue Gildekönig und wird mit einer Königskette ausgestattet. Daran ist befestigt ein silberner Schützenvogel, der sogenannte „Papagoy“. Ein wirklich erstaunlicher kulturhistorischer Schatz, der bereits seit über 500 Jahren von den Wildeshauser Gildekönigen getragen wird.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Wahl des „Schaffers", denn er hat wichtige Aufgaben bei der Organisation des nächstjährigen Gildefestes zu übernehmen. Der alljährlich gewählte Schaffer ist der Offiziersnachwuchs der Gilde. Er hat beispielsweise das traditionelle Schaffermahl auszurichten und er repräsentiert ein Jahr zusammen mit dem Gildekönig die Wildeshauser Schützengilde, bevor er schließlich ins Offizierskorps der Gilde aufrückt.
Die tiefen historischen Wurzeln, die das Fest der Schützengilde aufweist, sind auch ansonsten zu erspüren, wenn nach traditionell festgelegtem Ablauf jedes Jahr wieder das Fest gefeiert wird. Dennoch darf man auf dem Fest natürlich auch Spaß haben, und wie sogar! Probieren Sie es einfach mal aus, nächstes Pfingsten, wenn es dann wieder heißt: „Pingsten ward fiert!“