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Die St. Michael-Kirche, man möchte sie ein bauliches Kleinod inmitten des Ortes Kneheim nennen, ist gut 200 Jahre alt. Trotz ihres für Kirchenbauten noch recht zarten Alters, kann sie mit einer ziemlich komplexen Baugeschichte aufzuwarten. Da kann man dann abschätzen, wie verflochten die Geschichte erst sein muss, wenn eine Kirche viele Hunderte von Jahren alt ist.
Im Jahr 1801 hatten die Einwohner von Kneheim sich hier zunächst eine Fachwerk-Kirche hingebaut. Mitte des 19. Jhds. gab es dann den ersten Ausbau in Stein und das Dachreitertürmchen. In den weiteren 150 Jahren erfolgte dann in vielen Schritten der Um- und Ausbau bis zum heutigen Zustand. Die Kirche ist übrigens auch von innen sehr ansehnlich und zudem in Besitz einer besonders opulenten und klangschönen Orgel, die man nach Möglichkeit einmal erleben sollte.
Dass die Kneheimer ganz prinzipiell fromme Leute sind, zeigt sich an ihrem Engagement und letztlich erfolgreichen Bemühen, eine Kirche in ihre doch recht überschaubare Bauerschaft zu holen.
Mir ist allerdings eine Geschichte zu Ohren gekommen, dass es auch im frommen Kneheim das eine oder andere schwarze Schaf gegeben haben soll. Und zwar erzählt man sich Folgendes:
Ein Bauer aus Kneheim ging mit seinen Knechten übermäßig oft ins benachbarte Hemmelte, um dort der liederlichen Lust des Kartenspielens zu frönen. Nicht umsonst nennt man ein Kartenspiel auch „des Teufels Gesangbuch“! So war es kein Wunder, dass die Spieler ein ums andere Mal bis tief in die Nacht ihrem Laster nachhingen, dass sie darüber oft sogar den sonntäglichen Gottesdienst versäumten. Einmal, es war wieder genau die Nacht vor dem heiligen Sonntag, machten sie sich kurz nach Mitternacht im schütteren Schein der Gestirne auf den Weg zurück Richtung heimischer Scholle. Frohgemut hatten sie schon bald den Grenzbach zwischen Hemmelte und Kneheim erreicht, da hörten sie auf einmal ein lautes Knurren. Aus der Dunkelheit stob plötzlich ein großer schwarzer Hund auf sie zu. Erschrocken fingen die Männer an zu laufen, ja sie begannen zu ahnen, dass sie um ihr Leben liefen, denn der unnatürlich große Hund kläffte beständig hinter ihnen her: „Pik ist Trumpf! Pik ist Trumpf!“ Wie besessen jagten sie über die Brücke des Grenzbaches, und das war ihr Glück, denn der Hund konnte offenbar das fließende Gewässer nicht überschreiten.
Ob die Kartenspieler jemals wieder nach Hemmelte gegangen sind, mag bezweifelt werden. Ziemlich sicher ist dagegen, so habe ich mir sagen lassen, dass der große schwarze Hund sich noch immer nächtens in dieser Gegend herumtreibt.