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Wie heißt es so schön: Lehrer haben es doch gut, sie haben vormittags Recht und nachmittags frei. Das müssen sich auch die Hamstruper gedacht haben, als sie im Jahre 1797 Berend Wessels für ihre Schule als Lehrer anstellten. Sie bezahlten ihn nämlich keineswegs gut. Darüber hinaus hatte Wessels das Problem, dass er in Lastrup wohnte, etwa eine halbe Stunde von der Schule entfernt – zumindest bei gutem Wetter. Im Winter, der eigentlichen Unterrichtszeit, konnte es schon einmal vorkommen, dass die Mühlenbäke zwischen Hamstrup und Lastrup so anschwoll, dass es dem Lehrer kaum möglich war, seine Schule zu erreichen, es sei denn, er wollte Kopf und Kragen riskieren. Von nassen Hosen wollen wir dabei schon mal gar nicht reden.
Deshalb forderte Lehrer Wessels nach einiger Zeit, man möge ihm doch in Hamstrup selbst ein Heuerhaus bauen. Dazu hatte aber niemand Lust. Deswegen passierte auch nichts Dergleichen.
1809, inzwischen war das Münstersche Niederstift und damit auch Lastrup oldenburgisch geworden, schickte Pfarrer Beckering einen Bericht in die neue Landeshauptstadt und trat damit eine kleine Lawine los. Die zuständige Kommission in Oldenburg empörte sich über die unhaltbaren Zustände und ordnete an, man müsse dem Lehrer eine angemessene und schulnahe Wohnung nebst Garten und Ländereien zuweisen. Darüber hinaus sei fortan ebenfalls eine Sommerschule abzuhalten. Die Zeiten des nur halbjährlich stattfindenden Unterrichts waren damit vorbei. Das Schöne, zumindest für Lehrer Wessels, war dabei, dass er nun für zwei Halbjahre und nach Größe der Schulklasse bezahlt werden musste, was seine Einkünfte aufs Jahr betrachtet ungefähr verdoppelte. Um einer auftretenden Widerspenstigkeit der betroffenen Elternschaft gleich das Wasser abzugraben, betonte die oldenburgische Kommission, dass man ohne diese Voraussetzungen die Schule in Hamstrup wohl schließen müsse, womit die Kinder im nächsten Dorf, nämlich in Suhle beschult werden müssten. Ein solches Vorgehen wäre schon auf rein praktische Grenzen gestoßen, aber ausprobieren, wie weit sie gehen konnten, wollten die Hamstruper dann doch nicht. Auf diese Weise bekam Wessels schließlich doch noch seine Wohnung.
Dafür musste er sich allerdings als qualifiziert erweisen und zukünftig so manche Visitation über sich ergehen lassen. 1817, also ganze 20 Jahre nach seiner Ersteinstellung, musste Wessels sich für seine Tätigkeit als Nebenschullehrer einer offiziellen Prüfung unterziehen. Seine Abschlussnote würde ich einmal mit „3 minus“ übersetzen. Er könne wohl schon als Lehrer fungieren, aber sein Religionsunterricht sei grottig und er könne nicht vernünftig abfragen. Als ihn ein Jahr später der örtliche Pastor Beckering besuchte, war dessen Urteil wesentlich gnädiger: „An der moralischen Aufführung des Berend Wessels ist nichts auszusetzen.“