Audio

Text

„Seemanns Braut ist die See – und nur ihr kann er treu sein!“ So zumindest sang es einst Hans Albers in seinem Klassiker „La Paloma“. Die Kapitänsgattin Wilhelmine Adele Henriette Elise Leverkus, genannt Mimi, sah das allerdings gänzlich anders. Sie und ihr Mann Ernst setzten Himmel und Hölle in Bewegung, um gemeinsam auf große Fahrt zu gehen. Und das zu einer Zeit, als Frauen an Bord noch vielfach als Vorboten des Unglücks galten oder Frauen als dem sog. „schwachen Geschlecht“ überhaupt das Vermögen abgesprochen wurde, eine solch raue Seereise zu überstehen.
Zugegeben, mit heutigen Bedingungen hatte die Seefahrt des Jahres 1882 wenig gemein. Die Segelbark „Charlotte“, auf der das Ehepaar Leverkus mitsamt dem kleinen Sohn Otto zunächst unterwegs war, hatte gerade einmal eine Länge von 37 Metern und war 8 Meter breit. Eine ausgesprochen kleine Welt, zumal die Familie sie sich mit dem Rest der Mannschaft natürlich zu teilen hatte! Entsprechend standen Mimis Mutter, Schwiegermutter und Großmutter angesichts dessen sämtliche Haare zu Berge! Da hieß es in diversen Briefen, sie solle sich doch lieber daheim um ihr Kind kümmern und täte viel besser daran, den heimischen Hausstand fleißig in Ordnung zu halten. Aber von all dem wollten Mimi und Ernst nichts wissen. Die Reise ging von Elsfleth nach Cardiff über Port Louis nach Mauritius und zurück, insgesamt 96 Tage. Aber wie gesagt, die Seefahrt von damals war keineswegs das reine Zuckerschlecken. Mimi brachte unterwegs ein Kind zur Welt, das zu ihrem großen Kummer nur wenige Tage überlebte, zudem erlebte sie in der Südsee von Ferne den verheerenden Ausbruch des Vulkans Krakatau. Gerade aufgrund dieser Ereignisse war nach ihrer Rückkehr der Kampf zwischen Mimi und ihrem Umfeld keineswegs ausgestanden und gemeinsame Fahrten mit Ernst fanden nur noch unter großen Schwierigkeiten statt. Einmal musste sie sogar das Zugeständnis an die Verwandtschaft machen, ihren Sohn Otto zurückzulassen, was sowohl Mutter als auch Sohn schwer zu schaffen machte. Inzwischen verfolgte Ernst Leverkus den Traum von einem eigenen Schiff. Das hätte ihm gestattet, auch ohne die Erlaubnis des jeweiligen Reeders beständig seine Familie um sich zu haben. Um diesen Traum zu verwirklichen, zog er mit Mimi, Otto und dem 1886 geborenen Sohn Carl Tilmann Adolf nach Hamburg. Tragischerweise hielt ihr dortiges Glück nur schmale 7 Jahre. 1893 unternahm Ernst mit seinen beiden Söhnen eine Bootsfahrt auf der Binnenalster, und nicht in den Weiten der Weltmeere, sondern ausgerechnet hier ereilte ihn sein Schicksal, und zwar bezeichnenderweise als seine Frau nicht mit an Bord war: Der von den Schaufelrädern eines Alsterdampfers ausgehende Wellenkamm brachte sein kleines Boot zum Kentern. Ernst und Carl Tilmann ertranken, lediglich Otto konnte lebend geborgen werden.
Nach diesem Unglück konnte Mimi nicht mehr in Hamburg bleiben. Sie zog nach Oldenburg, wo sie 1926 mit 67 Jahren starb.
Mimi Leverkus, eine starke, selbstbestimmte Frau, in Zeiten, in denen alles andere viel selbstverständlicher gewesen wäre! Nicht von ungefähr wird ihr Name und ihr Schicksal bis heute in Elsfleth mit großer Anteilnahme erinnert.