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Willkommen, ihr frommen Pilger, im Kloster der Heiligen Jungfrau Maria, der „Schule Gottes“ zu Ihlow! Der Konvent der Brüder aus dem Orden der Zisterzienser ist eines der bedeutendsten Klöster in ganz Ostfriesland. In seinem Zentrum erhebt sich der gewaltigste Kirchenbau zwischen Bremen und Groningen. Seht nur, welch ein Anblick!

Die Ausmaße dieser Kirche waren tatsächlich gewaltig: 68m lang, 35m breit, und wohl um die 45m gen Himmel strebend. Errichtet war der Kirchenbau im romano-gotischen Stil und bestand überwiegend aus rotem Backstein.
Der Abt, der hier residierte, war einer der wichtigsten Würdenträger im gesamten friesischen Raum. Er war oft Friedensvermittler, überwachte als Sielrichter Maßnahmen des Hochwasserschutzes und übernahm regelmäßig wichtige Missionen für den Papst oder seinen Orden.
Insgesamt war die Scola Dei immens wichtig für das politische und öffentliche Leben der Region. Z.B. war hier wohl eine Abschrift des „Brokmerbriefes“ hinterlegt, der grundlegenden Rechtssatzung des Brokmerlandes. Aber der Einfluss des Klosters ging weit über das engere Umland hinaus. Nur wenige Kilometer nördlich von hier liegt der „Upstalsboom“, Versammlungsstätte und Symbol der Friesischen Freiheit. Dort trafen sich die Abgesandten aller „Sieben Friesischen Seelande“, um Recht zu sprechen und Absprachen zu treffen. Das Siegel dieses Upstalsboom-Bundes vom Beginn des 14. Jahrhunderts zeigt zentral die Heilige Maria mit dem Jesuskind, links und rechts von ihr steht jeweils ein friesischer Krieger, zu ihren Füßen beten zwei Mönche. Alle Elemente dieses Siegels belegen den deutlichen Einfluss der Schola Deï auf den Upstalsboom. Daher steht zu vermuten, dass auch Kanzlei und Archiv dieses mächtigen Bundes in ihren Mauern unterbracht waren.
Doch seit dem 15. Jhd. setzte langsam der Niedergang ein. Die Zeiten wurden schlechter: Die Pest wütete im Land und eine ganze Reihe verheerender Sturmfluten ließen ganze Landstriche im Meer versinken. Regionale Häuptlinge erhoben sich, die von ihren neu erbauten Burgen aus das Umland unterwarfen. Damit war es vorbei mit der Friesischen Freiheit und dem Frieden im Land. Häuptlinge im Brokmerland wurden die tom Broks, die die Schutzherrschaft über Ihlow übernahmen und damit das hochangesehene Kloster ihrer Kontrolle unterwarfen. Die Zeit der Schola Deï war endgültig vorüber, als im 16. Jahrhundert Graf Enno II. von Ostfriesland die Reformation einführte. Die Klosterkirche wurde niedergelegt und das Archiv ging verloren.
Seit dem Jahr 2000 entstand in Ihlow die heutige Gestaltung der alten Klosterstätte. Das Kernstück bildet dabei die von dem dänischen Architekten Finn Larsen entwickelte sogenannte „Imagination“. Die Stahl- und Holzkonstruktion bildet in Originalgröße die Dimensionen der ehemaligen Klosterkirche nach. Darunter liegt der „Raum der Spurensuche“, eine Kombination aus Ausstellungsraum mit archäologischen Grabungsfunden und einer Stätte der Besinnung mit einem modernen Altar an der Stelle des Hauptaltars der ehemaligen Klosterkirche.