Meurer

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Schalom und herzlich willkommen in der jüdischen Geschichte Hornburgs!
Wenn wir nun gemeinsam dieses „jüdische Hornburg“ betreten, begeben wir uns direkt in die Vergangenheit, und zwar in eine, die weit vor dem Schrecken der Shoa endete.
Dabei war das hiesige Judentum lange Zeit ein völlig selbstverständlicher Teil des Stadtlebens. Für knapp 300 Jahre ist ein weitgehend unaufgeregtes und vielfach gedeihliches Zusammenleben christlicher und jüdischer Einwohner Hornburgs verzeichnet. Während des 30jährigen Krieges verschlug es Moises Isaac Schöning nach Hornburg. Er erhielt, wie es damals den rechtlichen Bestimmungen für Juden entsprach, einen zur Niederlassung erforderlichen kaiserlichen „Schutzbrief“. Schöning blieb den Rest seines Lebens Hornburg treu, bewohnte ein Haus im Knick und starb im Jahr 1672. Sein Grabstein ist der älteste auf dem jüdischen Friedhof, der im Süden vor der Stadt auf dem Hagenberg liegt.
Nach Ende des 30jährigen Krieges erholte sich Hornburg langsam von den Wirren und Schäden des Krieges, weshalb die kleine, mittlerweile preußische Grenzstadt ihre alten Handelsverbindungen so gut wie möglich wieder aufnahm. Diejenigen aber, die diesem Handel vielfach auf die Sprünge halfen, waren insbesondere jüdische Händler, die hier ihre Möglichkeiten sahen und sich in Hornburg niederließen. Daher lebten trotz restriktiver Regelungen im Staate Preußen im 18. Jhd. so viele Juden in Hornburg, dass eine Synagoge unterhalten werden konnte. 1763 erwarb die jüdische Gemeinde das Haus Dammstraße 20. Dort wurde eine jüdische Schule eingerichtet, gleichzeitig war dort die Wohnung des Rabbiners und eine Mikwe, ein rituelles Bad. Noch entscheidender war jedoch der Bau der Synagoge hinter dem Haus nach Vorbild der Synagoge in Halberstadt. Obwohl sie ein Nischendasein führte, verborgen vor den Augen der christlichen Mehrheit, um nur keinen Anstoß zu erregen, verrichtete diese Synagoge Jahrzehnt um Jahrzehnt getreulich ihren Dienst.
Während des 19. Jhds. wurden die Juden rechtlich immer mehr gleichgestellt und in die christliche Mehrheitsgesellschaft integriert. Ein deutliches Zeichen dafür war die Aufnahme jüdisch-stämmiger Hornburger in die hiesige altehrwürdige Schützenbruderschaft. Dasselbe gilt für eines der Denkmäler am heutigen Friedrich-Ebert-Platz. Es erinnert an den Krieg gegen Frankreich von 1870/71, mit dem Bismarck die deutsche Einigung vollendete. Der einzige gefallene Hornburger, der in diesem Krieg zu beklagen war, hieß Joseph Schwabe und war jüdischer Herkunft.
Gleichzeitig war das 19. Jhd. für Hornburg eine Zeit wirtschaftlichen Niedergangs. Während in der großen weiten Welt die Industrialisierung Einzug hielt, blieb Hornburg das althergebrachte Ackerbürgerstädtchen. In einem solchen Umfeld konnten aber die Geschäfte der ansässigen jüdischen Kaufleute nicht mehr gedeihen, was zu einer fortschreitenden Abwanderung führte.
Im Jahre 1923 starb Amalie Schwabe, die letzte Hornburgerin, die sich zum jüdischen Glauben bekannte. Die Synagoge wurde ein Jahr später niedergelegt, allerdings ist ihr Inventar gerettet worden und befindet sich heute im Jüdischen Museum des Braunschweigischen Landesmuseums, wo es heute noch besichtigt werden kann.