Henning Meyer

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Dieser lauschige, baumbestandene Platz hat im Lauf seiner Geschichte schon recht unterschiedliche Namen gehabt. Zunächst trug er die lokale Bezeichnung „Ruckshof“. In den Jahren vor 1945 erhielt er den Namen eines scheußlichen Diktators und Kriegsverbrechers österreichischer Herkunft. Und heute heißt er Friedrich-Ebert-Platz und ist damit nach dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik benannt, der ersten deutschen Demokratie.
Hier ist überdies seit über einem Jahrhundert der Ort, an dem die Hornburger ihrer Kriegstoten gedenken. Ganz am Rande des Platzes steht ein grauer Obelisk auf einem Postament. Es handelt sich dabei um das älteste Kriegerdenkmal Hornburgs und stammt aus dem Jahr 1895. Auf der Sockelfront ist innerhalb eines Medaillons Kaiser Wilhelm I. dargestellt. Auf der linken Seite wird in glorifizierender Weise an die Einigungskriege Bismarcks erinnert, die 1871 zur deutschen Einigung und zur Gründung des 2. Deutschen Kaiserreichs führten. Dem gegenüberliegend, auf der rechten Seite, wird des einzigen Kriegstoten gedacht, den Hornburg in diesen Kriegen zu beklagen hatte. Sein Name war Joseph Schwabe, Sohn des jüdischen Kaufmanns Jacob Schwabe. Er war während des Frankreich-Feldzuges 1870 gefallen.
1924, einige Jahre nach dem verlorenen 1. Weltkrieg, wurde auf dem Platz eine halbkreisförmige Kolonnade errichtet, auf dessen Säulen die Namen der Gefallenen zu lesen sind, diesmal sind es viele Namen. In die Mitte des Kreises wurde der Obelisk gerückt, wodurch das Totengedenken mit dem Traum von nationaler Größe verquickt wurde. Die Gefallenen wurden zu „Helden“ verklärt, die gern und willig fürs Vaterland gestorben seien. Dass die Kriegstoten lediglich dem furchtbaren Zwang der Situation ausgesetzt waren, dem sie schließlich zum Opfern fielen, blieb dabei völlig außen vor.
Trotz aller Tragik hat es letztlich etwas Merkwürdiges an sich, dass ausgerechnet der jüdische Gefallene Jacob Schwabe in die Mitte der Heldenverehrung gerückt war, wenn Rechtsnationale und Nazis an diesem Ort ihre Zeremonien abhielten.
1955 ist die Anlage noch einmal umgestaltet worden. In der Mitte steht nun ein Block in Gedenken an die Toten des 2. Weltkriegs. Das Kriegerdenkmal von 1895 ist an den Rand gerückt worden. Damit einher geht eine Veränderung in der Gedenkkultur. Heute wird der Toten richtigerweise als Opfer der Ereignisse gedacht. Und diese mahnen uns, politisch darauf hinzuwirken, dass nie wieder ganze Generationen völlig sinnlos für einen verbrecherischen Wahn auf dem Schlachtfeld ihr Leben lassen müssen.