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Der Kirchplatz in Westerkappeln neben und rund um die alte Stadtkirche ist ein hochinteressantes historisches Gelände.
Der Platz besteht aus einem Halbrund auf einer Anhöhe. An exponierter Stelle steht der wuchtige Turm der uralten Stadtkirche, in den sich die mittelalterlichen Bewohner des Ortes hineinflüchten konnten, wenn Gefahr drohte. Ein Großteil der Häuser rund um den Platz befinden sich auf historischem Boden, denn sie stehen genau dort, wo schon seit vielen Jahrhunderten Vorgängerbauten existent gewesen sind. Das gilt insbesondere für die Häuser an der Nordflanke. Auf der Innenseite scheinen sie sich rund um den Platz zu schmiegen, aber an der Außenseite liegen sie am Hang genau entlang der alten Straße, die um die Anhöhe herum von Osnabrück her Richtung Westen an die Ems und weiter bis ins Niederländische führte. Das heißt, der heutige Kirchplatz hatte im alten Westerkappeln zwei Funktionen. Einerseits lag hier, wie in allen mittelalterlichen Siedlungen, direkt an der Kirche der Friedhof. Andererseits befanden sich hier gleichzeitig die Hinterhöfe all der umliegenden Häuser. Beide Elemente fanden sich, als 2013 im Rahmen der Sanierung des Kirchplatzes eine archäologische Grabung der Geschichtswerkstatt des Kultur- und Heimatvereins Westerkappeln stattfand. In dem eng begrenzten Untersuchungsraum von nur zwei mal zwei Metern fanden sich insgesamt neun Grabstätten, das jüngste nur 70cm unter der Oberfläche. Dazu fanden sich neben diversem Bauschutt von Umbauten der Kirche eine erstaunliche Menge an Überresten aus dem Alltagsleben, von Keramik- und Glasscherben bis hin zu einzelnen Tierknochen. Über Jahrhunderte hinweg ging offenbar in einigen Arealen des Kirchplatzes die Müllentsorgung auf den Hinterhöfen und der Friedhofsbereich recht fließend ineinander über.
Für den Rest des Platzes konnte eine solch akribische archäologische Erhebung nicht stattfinden, dennoch beobachtete und dokumentierte die Geschichtswerkstatt nach Kräften alles, was während der Bauarbeiten zutage gefördert wurde. Ein besonders interessantes Fundstück war eine Vogelfibel aus Bronze, die von Fachleuten ins 13. Jhd. datiert wird. Es handelt sich um ein sehr seltenes Stück ohne eine echte zeitgenössische Entsprechung. Vielleicht war die Brosche das Schmuckstück einer adeligen Dame, die damit den Halsausschnitt ihres Kleides verschlossen hatte, oder vielleicht war sie ein spezifisches Abzeichen. Dann könnte der Adler als heraldisches Zeichen des Reiches gedeutet werden und der Träger wäre z.B. ein Bote des Königs gewesen. Wer diese Fibel verloren hat, bleibt ein historisches Rätsel, das vielleicht nie ganz gelöst werden wird. Aber wer weiß!
Um 1840 hat man den Friedhof schließlich vom Kirchplatz weg und an den Ortsrand verlegt. Südlich der heutigen Osnabrücker Straße steht eine klassizistische Eingangshalle, die den Zutritt zum heutigen Friedhofsbereich markiert.