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Wenn die Postkutsche nach Westerkappeln vor dem Hotel Reining zum Stehen kommt, ist das immer ein Ereignis. Schon als Kind habe ich es geliebt, wenn die Kutsche kam. Haha! Den Postillion hielt ich für einen großen Herrn! Ich beobachtete dann, wie die Reisenden hier abstiegen, Pakete von der Kutsche gewuchtet wurden und schließlich Pferd wie Wagen in der Anspannstation, einem Anbau des Hotels auf der rechten Seite, verschwanden. Ja, die Postkutsche ist etwas Herrliches und für uns die Verbindung in die große weite Welt!

Das Haus, das heute als Rathaus der Gemeinde Westerkappeln genutzt wird, war während des 19. Jhds. das Hotel Reining und gleichzeitig die Poststation des Ortes.
Seit 1870 hatte Westerkappeln ein eigenes Amtshaus, das an der Wilhelmshöhe ein gutes Stück südlich von hier gelegen war, doch erwies es sich im Laufe der Zeit als zu eng und die Lage als ungünstig. Daher beschloss man 1920 das alte Hotel Reining zu erwerben und dort die kommunale Verwaltung unterzubringen.
In den Jahren 1983-86 erfolgte ein erneuter Umbau, der die Gemeinde zukunftsfähig machte. Im Zuge dessen wurde der alte Postkutschenanbau, der noch bis 1904 benutzt worden war, abgerissen. Stattdessen wurde das Rathaus mit einer modernen Erweiterung und zusätzlichen Räumlichkeiten versehen. Auf diese Weise erfolgte eine umfassende Modernisierung, die bewusst darum bemüht war Altes und Neues miteinander zu verknüpfen und sich harmonisch ins Ortsbild einzufügen.
Rechts der Eingangstür unseres Rathauses sehen Sie das Wappen der Gemeinde Westerkappeln. In einem roten Feld ist eine weibliche Figur in weißem Gewand abgebildet, die in der Rechten einen Palmzweig, in der Linken einen Anker hält. Die Figur soll die Heilige Reinhildis darstellen, die im 12. Jahrhundert in Westerkappeln auf dem Knüppenhof gelebt haben soll. Die Legende erzählt, dass das fromme Mädchen auf Anweisung des bösen Stiefvaters von der eigenen Mutter ermordet worden ist. Aufgrund der ihr zugeschriebenen Frömmigkeit ist Reinhildis in der Folgezeit zur Märtyrerin verklärt worden. Ihr Grab soll sich in der St. Kalixtus-Kirche in Riesenbeck befinden, einer Ortschaft Luftlinie etwa 18 km westlich von hier. Die dortige Grabplatte aus dem 12. Jhd. zeigt der Überlieferung nach Reinhildis, deren Seele von Engeln in Empfang genommen wird. Die haarsträubende Geschichte hat natürlich immer wieder Anlass zu Spekulationen gegeben. Wer das historische Vorbild der frommen Reinhildis gewesen ist und was es mit dem Mord an ihr auf sich gehabt hat, ist bis heute tatsächlich nicht eindeutig geklärt.
Die Gestaltung des Gemeindewappens hat übrigens eine ganz eigene Geschichte hinter sich. Frühere Abbildungen eines frommen Bauernmädchens mit unterschiedlichen Attributen auf Siegeln und Fahnen mündeten 1958 in die offizielle Verleihung eines Wappens, in dem Reinhildis als Volksheilige des Münsterlandes dargestellt ist.