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„Kiek-int-Land“, oder hochdeutsch „Schau ins Land“, so nannten die alten Westersteder den hohen Kirchturm ihrer St.-Petri-Kirche, das Wahrzeichen ihrer Stadt. Stolze 48 m ist er hoch und damit der höchste Kirchturm im ganzen Ammerland. Die Ostfriesen, die auf diesen Turm neidisch waren, sollen einmal versucht haben, ihn mit Stricken und Ochsengespannen zu Fall zu bringen, was ihnen aber augenscheinlich misslungen ist.

Die Rasteder Klosterchronik erwähnt die Westersteder St.-Petri-Kirche zum ersten Mal für das Jahr 1123. Die Junker von Fikensolt, die nicht weit von hier ihre Stammburg hatten, stifteten das Land und Erzbischof Adalbero von Bremen weihte sie.  Dafür, dass der Bremer Erzbischof hier damals einiges zu sagen hatte, spricht auch, dass Westerstede zunächst seine Geistlichen aus dem Kloster Reepsholt bekam, das direkt dem Erzbischof in Bremen unterstand. Inzwischen ist die Kirche jedoch längst evangelisch, erkennbar an der Kirchturmspitze. Können Sie sehen, was das da oben ist? Genau! Ein Schwan! Und der ist nichts anderes als das Symbol für Martin Luther.

Im großen Turm befindet sich heute ebenfalls das Eingangsportal. Wenn Sie von dort die Kirche betreten, fällt Ihr Blick sofort auf einen uralten Taufstein, dessen Herkunft allerdings rätselhaft ist, denn es heißt, man habe ihn aus dem Moor geborgen.

Kommen Sie! Jetzt sehen wir uns einmal den anderen Turm an, den Glockenturm.

Er gehört nicht zum Grundbestand der Kirche, sondern ist erst etwa um das Jahr 1500 erbaut worden, in etwa zur selben Zeit wie bei ihren Ammerländer Schwesterkirchen. Im Unterschied zu Wiefelstede oder Zwischenahn war der Turm jedoch nie das Tor zu einem wie auch immer befestigten Kirchenareal. Übrigens stehen im gesamten Ammerland die alten Glockentürme losgelöst vom Kirchenschiff, da man bei den hiesigen Bodenverhältnissen mit dem vielfach recht moorigen Untergrund die Befürchtung haben musste, dass der schwere Glockenschlag dem Kirchengebäude Schaden zufügt.

Ein weiteres, besonders interessantes Überbleibsel alter Zeit, das man normalerweise übersehen würde, befindet sich direkt neben dem Südportal des Kirchenschiffes, dem ursprünglichen Zugang der Kirche. Es sind zwei eiserne Krampen an der Wand, die ganz unscheinbar aussehen. Ihr Zweck war aber keineswegs so harmlos, denn sie dienten der Befestigung eines Halseisens! Noch im 18. Jhd. nahm man es nämlich mit der Kirchenzucht ziemlich genau. Und wer gegen die strengen Auflagen von Sitte und Anstand verstoßen hatte, dem blühte das Halseisen an der Kirchenmauer, natürlich direkt an der Tür, damit auch jeder Gottesdienstbesucher ihn sehen konnte.

Heute ist zum Glück mit dem Besuch von St. Petri kein Zwang mehr verbunden, sondern mit Freude an der frommen Hinterlassenschaft unserer Vorfahren. Daher ist es besonders schön, dass unsere Kirche über das Logo „Verlässlich geöffnete Kirche“ verfügt. Während der schönen Jahreszeit ist St. Petri unter der Woche fast den ganzen Tag geöffnet. Um ganz sicher zu gehen, können Sie sich auch über die genauen Termine auf „www.kirche-westerstede.de“  informieren. Da sollte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn Sie nicht einen passenden Termin für sich finden könnten!