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Das Moor: faszinierend und geheimnisumwittert, ein Bereich, der weder Land noch Wasser ist, ein unheimlicher Ort, der voller Geheimnisse und Geschichten steckt von Irrlichtern, die den Menschen ins Verderben locken wollen, und Geistern unglücklich in den schwarzen Tiefen Versunkener. Aber auch ein Ort, den sich die Menschen trotz aller Hindernisse schon früh zu erschließen wussten. Nicht weit von hier führten schon vor 2000 Jahren Bohlenwege durch die Landschaft. Und natürlich ist das Moor ein empfindliches und besonderes schützenswertes Ökosystem, mit vielen Pflanzen und Tieren, die nur hier vorkommen.

 Und es ist ein Refugium für eine nahezu unübersehbare Anzahl von Vogelarten, die sich hier an Ort und Stelle beobachten lassen. Das Moor ist aber nicht nur Lebensraum und Brutbereich vieler heimischer Vogelarten, sondern auch Rast- und Ruheplatz für eine Vielzahl von Zugvögeln, die in riesigen Schwärmen in den Bereich rund um den Dümmer einfallen, um für den langen Flug in den Süden noch einmal Kraft zu tanken.

 Der ungekrönte König unter diesen Zugvögeln ist sicherlich der Kranich. Er gilt vielerorts als „Vogel des Glücks“ und besticht durch seine majestätischen Bewegungen sowohl in der Luft als auch am Boden, wenn er auf der Suche nach Futter über die Wiesen stolziert. Aber auch seine Körpermaße sind durchaus königlich. Im Stand erreicht er eine Höhe von 1,30 m und seine Spannweite beträgt sage und schreibe 2,45 m!

 Der Kranich, der in unseren Breiten vorkommt ist der Graukranich. Sein Gefieder ist, wie sein Name schon sagt, grau, der Kopf und der lange Hals sind schwarz und weiß gemasert, den Schwanz ziert ein Busch von dunklen Schmuckfedern.

 Ab Oktober ist es dann so weit, dass Tausende von Kranichen in der Diepholzer Moorniederung Station machen. Sie kommen aus Skandinavien und dem Baltikum, um hier zu rasten und sich über mehrere Tage, manchmal sogar Wochen hinweg noch einmal Fettreserven für den langen Flug Richtung Frankreich, Spanien und zum Teil sogar Nordafrika anzufuttern. In dieser Zeit suchen die Tiere jeden Abend die schützenden Flächen der Diepholzer Hochmoore auf, um dort sicher vor Bodenfeinden zu übernachten. Jeweils gegen Sonnenuntergang fliegen die imposanten Vögel unter lautem Rufen in Schwärmen ein und lassen sich in den mit Wasser überstauten Moorflächen nieder, ein faszinierendes Naturschauspiel, das man von diesem Turm aus mit seinen wunderbaren Überblick über das Geestmoor hervorragend beobachten kann. Wenn Sie Frühaufsteher sind, können Sie am darauffolgenden Morgen beobachten, wie sich das Schauspiel wiederholt, nur diesmal in die umgekehrte Richtung, hin zu den benachbarten Wiesen und Äckern, wo die Kraniche tagsüber auf Nahrungssuche gehen.

 Ende November, spätestens Anfang Dezember verlassen uns die Kraniche Richtung Süden, um im zeitigen Frühjahr wiederzukehren. Auf ihrem Rückflug verbringen die Tiere jedoch nicht so viel Zeit bei uns. Dazu sind sie viel zu erregt, denn es drängt sie danach, rechtzeitig in ihre Brutgebiete zurückzukehren. Ein Zeichen dieser Erregung ist der sog. Kranichtanz, ein Springen und Flattern, das die Tiere am Boden zwischen ihren Artgenossen aufführen.

 Schon seit den 70er Jahren gibt es vor Ort große Anstrengungen, das Moor und seine faszinierende Vielfalt zu bewahren. Dabei spielt nicht nur der Erhalt der Moorflächen eine Rolle, sondern auch ihre Renaturierung und Wiedervernässung. Dass man hier mit Recht stolz auf seine Erfolge sein kann, zeigt sich auch bei unseren Kranichen. Einige dieser scheuen und hochsensiblen Tiere haben die Dümmerregion längst sogar als Brutplatz akzeptiert, was fraglos für die Qualität der hier geleisteten Arbeit spricht.