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Ha, seid ihr doch allesamt Krämerseelen! Doch was soll´s! Der Großmut steht mir gut, zumal er sich bezahlt gemacht hat!
Wir schreiben das Jahr des Herrn 1270 und ich, Hildebold, seine Heiligkeit Erzbischof von Bremen, habe soeben die Huldigung des Wildeshauser Rates und der Bürgerschaft entgegengenommen. Und was waren sie nicht willens, mir ihre Treue und ihren Gehorsam zu bekunden!
Aber ein hartes Stück Arbeit war es schon! Das Bistum Bremen hatte schon länger sein Augenmerk auf dieses hübsche kleine Städtchen geworfen. Immerhin, es liegt nicht schlecht hier, wo die große Straße Richtung Flandern die Hunte kreuzt. Außerdem ist die geistliche Bedeutung des Alexanderstiftes nicht zu unterschätzen! Was für ein Glück, dass uns die Erben der Stiftersippe schon vor 50 Jahren die geistige Herrschaft über das Stift zugesichert haben. Stammt doch seit dem Jahre 1231 jeder einzelne Vorsteher des Alexanderstiftes aus dem Bremer Domkapitel. Gleichzeitig drängten jedoch die Grafen von Oldenburg in die weltliche Herrschaft der Stadt. Ja, sie bauten hier sogar eine Burg! Naja, das konnte uns nur recht sein, waren die Oldenburger doch lange Zeit mit uns verbündet.
Nun aber ist mit Heinrich dem Bogner, Gott habe ihn selig, der letzte verbliebene Graf der Wildeshauser Linie kinderlos verstorben. Und schon rückt die Verwandtschaft aus Oldenburg an! Graf Christian schlägt hier sein Lager auf, siegelt hier sogar einige Urkunden, als wenn er hier Herr im Hause wäre! Aber so hatten wir natürlich nicht gewettet! Höchstpersönlich eilte ich sofort nach Wildeshausen, um mit Bürgermeister und Rat über eine Huldigung zu verhandeln. Und eines muss man ihnen lassen, sie machten ihre Sache keineswegs schlecht. Was sie mir nicht alles aus den Rippen säbelten! Ich musste Wildeshausen das komfortable Bremer Stadtrecht zugestehen, samt dem Recht einer wehrhaften Umwallung. Ich musste ihnen eine Weide für ihre Schweine und eine Heidewiese schenken. Den Zoll auf Wein, den Graf Heinrich erst vor Kurzem verfügt hatte, musste ich auch zurücknehmen, dazu die Zollfreiheit für den Handel mit allen Städten meines Herrschaftsgebietes versprechen. Zu guter Letzt, aber da kam es mir schon gar nicht mehr drauf an, verlangten die Ratsherren auch noch ein Haus, wo sie sich standesgemäß versammeln könnten. Gut, also schenkte ich ihnen eine Wurt in der Stadt. Und da ich gerade in Geberlaune war, durften sie sich sogar aussuchen, welche! Da nahmen sie sich natürlich die am besten Gelegene, mitten in der Stadt, da, wo die große Straße entlangführt und wo genügend Platz ist, einen Markt abzuhalten. Naja, gegönnt sei es ihnen! Ist die Stadt wohlhabend, kommt es auch dem Stadtherrn zugute. Und das bin ab heute ich!
Ich wünsche mir, dass sie sich ein schönes, großes, repräsentatives Haus bauen. Und möge es noch in vielen hundert Jahren hier stehen!