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Schleckermäuler aufgepasst! In Borgholzhausen gibt es einen ganz besonderen Grenzgänger, den kann man sogar schmecken! Eigentlich stammt er aus dem benachbarten Dissen. Dort, wo es solche Straßennamen wie „Zuckerbrink“ und „Rosinenstraße“ gibt, da kommt er eigentlich her. Natürlich handelt es sich… um den Lebkuchen!
Die alten Zuckerbäcker, die in Dissen ihren Sitz hatten, waren im 18. Und 19. Jhd. brave Untertanen des Hauses Hannover. Dadurch waren ihre exquisiten Erzeugnisse für die Leute im benachbarten Borgholzhausen und jenseits davon nahezu unerschwinglich, denn sie lebten auf dem Boden des Königreichs Preußen, was bedeutete, dass eine lästige und kostentreibende Grenze zwischen ihnen und den verführerischen Leckereien lag. Daher suchte und fand man schließlich eine andere Lösung. Wenn schon die Backerzeugnisse nicht über die Grenze kamen, dann doch wenigstens die Bäcker!
Seit dem 18. Jhd. machten sich die ersten Honigkuchenbäcker samt ihren Rezepten aus Dissen auf und ließen sich nur eine Handvoll Kilometer weiter im benachbarten Borgholzhausen nieder. Von hier aus konnten sie nun getrost und ohne einschränkenden Grenzverkehr das gesamte preußisch-westfälische Hinterland mit erstklassigem Zuckerwerk versorgen. Im Jahr 1830 übernahm dieser Tradition folgend ein junger Konditor namens Heinrich Schulze hier in Borgholzhausen die Bäckerei seines Schwagers. Er war ausgesprochen fachkundig und gut ausgebildet, ja er hatte sogar einige Zeit in den Niederlanden verbracht und sich dort einen Fundus an verschiedenen Honigkuchenrezepten angeeignet. Kein Wunder also, dass seine Leckereien reichlich Absatz fanden. Mit einer Holzkiepe auf dem Rücken, einer Art großem Tragekorb, voller Lebkuchen besuchte er die Jahrmärkte der Umgebung, natürlich auch den „Send“ in Münster, und machte dabei ausgemacht gute Geschäfte. Damit steht er gewissermaßen gleich für drei große Borgholzhauser Traditionen. Die eine ist die der sog. Kiepenkerle, die eine ganze Epoche hindurch als wandernde Gemischtwarenhändler im hiesigen Raum über Land unterwegs waren. Eine andere ist das hiesige Traditionsgeschäft für Lebkuchen und andere Spezialitäten, das noch heute in Familienbesitz ist und noch immer den Namen Heinrich Schulze im Firmenlogo trägt. Ein Besuch dort im Ladencafe lohnt sich übrigens immer! Und die dritte ist natürlich, dass bis heute auf keinem Jahrmarkt das Lebkuchenherz fehlen darf, mit dem selbst der wortkargste Westfale dem Menschen seines Herzens seine Aufwartung machen kann.