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Wenn Sie beim Thema Delikates nicht gleich ans Essen denken, dann sind sie hier ganz richtig, denn es geht hier etwas … nun ja, wie man so sagt, delikater zu.

Aber fangen wir erstmal ganz harmlos an. Nicht unbedingt mit den Blumen und den Bienen, aber doch mit dem Klapperstorch. Dass der die Kinder bringt, ist ja allgemein bekannt. Die Braker wissen es allerdings noch etwas genauer: Sie wissen nämlich auch, wo der Storch die vielen Kinder herhat! Da staunen Sie, was? Hier kann man noch was lernen! Also, der Storch holt die Kinder aus diesen merkwürdigen, unförmigen Tonnen, die in der Weser dümpeln. Die nennen sich Fahrwassertonnen.  Glauben Sie nicht? Doch, doch! Und diese Tonnen, was soll ich Ihnen sagen, die gibt es je nach Hinweis auf die Fahrtrichtung, in zwei unterschiedlichen Farben. Jetzt raten Sie einmal, wozu der Storch die zwei Farben braucht. Na, ist doch klar: Steuert der Storch eine grüne Tonne an, dann findet er darin ein Mädchen, in den roten Tonnen findet er dagegen die Jungs! So weiß der Storch gleich, wenn eine Bestellung reinkommt, zu welcher Tonne er fliegen muss, damit er auch richtig liegt.

Sie denken sich vielleicht: „Wo war denn das nun delikat?“ Tja, aber - heueueu! – ich bin ja auch noch gar nicht fertig!  Schauen Sie mal. Sind ihnen schon in manchen der Braker Häuser diese kleinen Bullaugen aufgefallen? Müssen Sie mal drauf achten! Die sehen nicht nur ganz nett aus und erinnern an unsere gute maritime Tradition, sondern sie haben auch einen tieferen Zweck: Früher stellte nämlich die Hausfrau dort kleine Porzellanfiguren auf, die sie von ihrem Mann geschenkt bekommen hatte, nachdem er von seiner Seereise nach Hause gekommen war. Aber meinen Sie nicht, dass es dabei nur um ein hübsches kleines Souvenir ging. Da steckte noch was ganz anderes dahinter: Solange die Porzellanfigur nämlich ins Haus guckte, war der Ehemann Zuhause. Guckte die Porzellanfigur aber nach draußen, war das das Zeichen dafür, dass der Mann auf See war - und die Frau, naja, wie soll man sagen, „besucht“  werden konnte. Dies war übrigens nicht nur  hier an der Unterweser ein bekannter Brauch unter verheirateten Frauen, sondern auch in anderen Hafenorten. Seien Sie also nicht allzu pikiert, wenn Sie an unser schönes Brake denken. „Seemanns Braut ist die See, und nur ihr kann er treu sein“ heißt es ja so schön. Naja, und die Frau eines Seemanns sammelt dann schon einmal Porzellanfigürchen.

So mancher Braker Seebär mag sich deshalb auch gefragt haben, warum das eine oder andere seiner Kinder ihm so gänzlich unähnlich ist, womit wir wieder beim Klapperstorch wären. Wir wissen nun wenigstens, dass sich der Storch in solchen Fällen nicht verflogen hat.