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Einst war dieser heute namenlose Platz als „Platz der Tuchmacher“ bekannt, denn die hier stehenden Häuser wurden damals nahezu allesamt von Tuchmachern bewohnt, und das waren in Bramsche meistenteils die bedeutenden Köpfe der Stadt
Zudem war in dem Eckhaus an der Mühlen- bzw. Eschstraße die ehemalige Fabrik des innovativen Kaufmanns Johann Dietrich Piesbergen untergebracht. Tatsächlich wurde in diesem Haus Bramscher Industriegeschichte geschrieben, denn Piesbergen stellte im Jahre 1843 dort etwas auf, was einerseits atemberaubend modern war, aber gleichzeitig den traditionellen Tuchmachern im Ort die Sorgenfalten ins Gesicht grub. Diese ominöse Gerätschaft war nichts anderes als eine Dampfmaschine! Sie leitete das Zeitalter maschinell gewebter Stoffen in Bramsche ein und damit das Ende des klassischen Tuchmacherhandwerks. – Übrigens eine Entwicklung, die in weiten Teilen Deutschland zu großen sozialen Verwerfungen führte. Denken Sie nur an den Weberaufstand in Schlesien und das bedrückende Gedicht, das Heinrich Heine seinerzeit schrieb:
Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben Dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch…
Für Bramsche muss man den plötzlichen Einzug der Moderne jedoch keineswegs so kritisch sehen: Piesbergen hatte nach seinen Möglichkeiten die Zeichen der Zeit erkannt und für sich richtig gedeutet. Zudem ermöglichte die industrielle Umgestaltung der hiesigen Produktion, dass Bramsche die Geschichte der Tuchmacherei noch mehr als ein ganzes Jahrhundert weiterschreiben konnte!
Ein anderes recht prominentes Haus am Platze spielte dagegen eine ganz andere Rolle. Ursprünglich aus dem Jahr 1649 stammend, wurde es nach dem großen Brand von 1781 wiederaufgebaut. Im 19. Jhd. eröffnete hier eine Gastwirtschaft, die „Altdeutsche Bierstube“, womit eine Erfolgsgeschichte begann, die erst nach über 100 Jahren zu Ende ging. Nachdem die letzte Wirtin in den Ruhestand ging und sich für das Traditionshaus leider kein Nachfolger mehr finden ließ, erfolgte im Jahr 2010 der Umbau zu einem Wohnhaus.

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