Ochtrup

Bertha Jordaan van-Heek

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„Goede Dag, Bonjour oder Guten Tag und herzlich Willkommen auf Haus Welbergen. Nennen Sie mich ruhig wie die anderen Leute hier auch „Tante Bertha“. Oder falls Sie es doch förmlicher bevorzugen:
Engelberta Auguste Jordaan-van Heek ist mein Name. Sie mögen sich die Frage stellen, wie eine Dame mit einem so niederländischen Namen auf eine deutsche Wasserburg kommt. Immerhin liegt meine Heimat Enschede wirklich nicht weit von hier entfernt, nicht einmal ganz eine halbe Autostunde. Doch geerbt habe ich diese wunderschöne Wasserburg allerdings nicht.
1922 hatten mein Mann und ich, der Pariser Bankier Jan Jordaan, die Villa Jordaan in Rothenberge bei Wettringen bezogen. Unsere Pariser Freunde bevorzugten im Sommer eher Biarritz oder Deauville, wir hingegen das Münsterland! Bei einem unserer Ausflüge entdeckten wir das alte Wasserschloss Welbergen und waren sofort verzaubert. 700 Jahre Geschichte, verdichtet in einem Bau, eine Kostbarkeit! Der Burgplatz, 1282 erstmals urkundlich erwähnt, ist benannt nach den Rittern von Welleberghe. Als während des niederländischen Unabhängigkeitskampfes im 16. Jahrhundert spanische Reiterhorden durch das Münsterland zogen, ließ der damalige Burgherr Christian von Oldenhues die Anlage zusätzlich befestigen. Seitdem steht das Haupthaus, unzugänglich für ungebetene Gäste, frei im Wasser. Zwischen 1730 und 1733, als die Burg keinem Verteidigungszweck mehr diente, ließ Heinrich Franz von Buchholtz die Anlage im Stile des Barock überholen, womit sein Haus erheblich an Wohnkomfort gewann und die Vorburg die Gestalt eines Barockgartens erhielt. Und nun, 300 Jahre später, war es an uns, unseren Beitrag zu dieser Geschichte zu leisten. Als wir die Anlage 1929 von der Familie von Druffel erwarben,
waren die Gebäude in einem heruntergekommenen Zustand. Daher fingen wir sofort mit der Restaurierung an - nicht um hier zu wohnen, sondern um dieses Baudenkmal für nachkommende Generationen zu erhalten. Leider war die Zeit, die uns hier gemeinsam vergönnt war, nur allzu kurz. Schon 1935, also nur 6 Jahre nach dem Kauf der Wasserburg, verstarb mein lieber Ehemann. Und war der Kummer nicht schon groß genug, so musste ich darüber hinaus auch noch Deutschland in den Kriegsjahren von 1940 bis 1945 verlassen, weil ich als überzeugte Europäerin der kleingeistigen und hässlichen Borniertheit der Nazis ein Dorn im Auge war.
Meine Liebe zu den hiesigen Menschen und zu der Landschaft trieb mich nach Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch hierher zurück. Seitdem wohne ich wieder in meinem Haus in Rothenberge und besuche regelmäßig meine Wasserburg. Dann stelle ich im Garten meine Staffelei auf und brauche mich nur umzusehen, schon habe ich ein Motiv. Ja, kommen Sie nur, Sie dürfen mir gerne ein bisschen über die Schulter schauen, während ich meinen Pinsel schwinge.

Bertha Jordaan-van Heek brachte 1959 ihr gesamtes Immobilienvermögen in Deutschland in die Bertha-Jordaan-van-Heek-Stiftung ein. Diese kümmert sich um den Erhalt der Häuser Rothenberge und Welbergen, fördert den kulturellen Austausch zwischen den Niederlanden und Deutschland und engagiert sich für Projekte des Natur-, Denkmal- und Heimatschutzes.
Bertha Jordaan-van Heek wurde 84 Jahre alt und verstarb 1960 in ihrer Villa Jordaan in Rothenberge.