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Wie so Vieles hier in Rastede hat auch das Vorwerksgelände einen Bezug zur herrschaftlichen Residenz der oldenburgischen Großherzöge. Ein „Vorwerk“ ist ganz allgemein gesprochen nichts anderes als ein landwirtschaftlicher Versorgungsbetrieb für einen Herrensitz. So war es früher üblich, dass zu Burgen und Schlössern oftmals mehrere Gutshöfe gehörten, welche die hohen Herrschaften und ihr Gefolge mit dem Lebensnotwendigen und einigem darüber hinaus versorgten. Diese Höfe lagen außerhalb und mitunter sogar recht weit entfernt vom eigentlichen Herrensitz und waren ihm gewissermaßen „vorgelagert“, daher die Bezeichnung des „Vorwerks“.
Natürlich gab es auch in Rastede ein solches Vorwerk. Es versorgte die Hofhaltung der großherzoglichen Herrschaft mit einer weitgespannten Palette an Lebensmitteln, zu auch eine Milchviehhaltung dazu gehörte. Darüber hinaus widmete sich das Vorwerk der Zucht von Baumschulprodukten – und damit einer Profession, die heute noch im Ammerland von größter Bedeutung ist.
Spuren dieses Vorwerks sind noch immer erkennbar. Beispielsweise stehen auf dem Weg vom Hirschtor in Richtung Schloss beiderseits des Weges einige markante Bäume, darunter zwei uralte Linden. Heute stehen sie inmitten einer weitläufigen Lichtung, doch das war nicht immer so, denn sie gehörten als Hoflinden früher zum besagten großherzoglichen „Vorwerk“.
Als Großherzog Nikolaus Friedrich Peter in den 1870er Jahren den Schlosspark im Stile eines englischen Landschaftsgartens wesentlich erweitern ließ, verlegte er im Zuge dessen auch das Vorwerksgelände an einen anderen Standort etwas weiter außerhalb. Um für die neue Parkanlage Platz zu schaffen, mussten die alten Baulichkeiten natürlich weichen.
Als Oldenburg 1918 zum Freistaat wurde, fand die feudale Hofhaltung mit ihrem Vorwerk ihr Ende. Dennoch wurde die Tradition der Baumschulbetriebe in gewisser Weise weitergeführt, denn die Familie Albertzard erwarb das Gelände, um hier das „Vorwerk Gartencenter“ zu betreiben, das bis 2021in Familienbesitz blieb.
Im Schlosspark hat man die Freifläche des alten großherzoglichen Vorwerks mittlerweile so weit wiederhergestellt, dass man die alten Strukturen heute wieder erkennen kann. Werfen Sie also einen Blick auf die beiden alten Linden und stellen sich dabei vor, wie gerade die Kutsche des Hofgärtners hindurchfährt, um ihren Weg Richtung Schloss zu nehmen.