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Die Bauerschaft Suhle ist nun wahrlich uralt. Sie ist nach allem, was wir wissen, die älteste Ortschaft in der Gemeinde Lastrup, zumal sie die erste ist, von der wir aus schriftlicher Quelle erfahren.
Ende des 8. Jhds. n. Chr. eroberte Karl der Große mit seinen fränkischen Panzerreitern das Stammesland der Sachsen. Ihr bekanntester Häuptling war Herzog Widukind, der seinen Sitz nicht weit von hier in Wildeshausen gehabt haben soll. Als Widukind um Frieden bat und sich taufen ließ, hatte Karl einen wichtigen Schritt zur Unterwerfung der Sachsen getan. Ein weiterer musste die allgemeine Christianisierung des Landes sein. Daher gründete er überall regionale Missionszentren, bei uns in der Gegend z.B. in Visbek. Diese Zentren wurden mit Mönchen bestückt, die in den großen Klöstern des Reiches ausgebildet wurden.
Das gesamte Land gehörte nun prinzipiell dem König. Indem er nun Teile des Landes seinen Gefolgsleuten und der Kirche zur Verwaltung und Nutzung überließ, es ihnen gewissermaßen „auslieh“, hielt das sog. Lehnswesen in Sachsen Einzug. Für ein solches Stück Land, das man „Lehen“ nannte, erhielt der König nun entsprechende Gegenleistungen, z,B. indem die Gefolgsleute ihrem König als Ritter im Kampf dienten. Diese Ritter konnten die ihnen verliehenen Ländereien natürlich nicht selbst beackern, deswegen vergaben sie das Land an Bauern, die dafür Abgaben zu leisten hatten, von denen der Adel und die Klöster dann lebten. Das war vom Grundprinzip her nicht unbedingt etwas Schlechtes, denn dadurch war es im Interesse der Lehnsherrn, dass unter ihrem Schutz und mit ihrer Unterstützung neue Höfe und Dörfer gegründet wurden, weil sich dadurch ihre eigene wirtschaftliche Grundlage verbesserten. Gut möglich, dass auch Suhle eine solche Gründung war, denn der Name taucht zum ersten Mal zu einer Zeit auf, in der sich das fränkische Herrschaftssystem in Sachsen erst seit Kurzem durchgesetzt hatte.
Mächtige Lehnsherrn oder Klöster hatten oftmals weit gestreuten und deshalb sehr unübersichtlichen Besitz. Deswegen legten sie, um eine Übersicht zu behalten, regelmäßig sog. „Heberegister“ an, so etwas wie eine Bestandsaufnahme, in der Regel versehen mit Angaben darüber, was die einzelnen Höfe an Abgaben zu leisten hatten. Auf diese Weise erstellte man gleichzeitig eine Buchführung über die zu erwartenden Einkünfte.
In genau solch einem Heberegister des reichen und mächtigen Klosters Werden, heute in einem Stadtteil von Essen im Ruhrgebiet gelegen, taucht Ende des 9. Jhds im schönsten Klosterlatein abgefasst folgender Eintrag auf: „In vico Sula quattuor modios de sigilo“, was auf Deutsch so viel heißt wie: Das Dorf Suhle ist für vier Scheffel Weizen abgabepflichtig. Und damit haben wir den Beweis: Suhle ist über 1100 Jahre alt!