Varusturm

Ein blinder König beweist Weitsicht

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Es ist die Geschichte von einem blinden König, der aber trotz allem Weitsicht bewies!
Es war einmal vor etwa 160 Jahren ein König von Hannover, dessen Land zu guten Teilen rückständig und verarmt war. Deshalb war er bemüht, die, wie er sagte, "vaterländische Industrie zu heben". So unterstützte er die Gründung einer Aktiengesellschaft, die hernach seinen Namen und den seiner Gattin trug, nämlich den Georgs-Marien- Bergwerks- und Hüttenverein. Dieser kaufte eine von der Pleite bedrohte Hütte im benachbarten Hagen auf und sicherte sich die Schürfrechte an den Eisenerzvorkommen am Hüggel. Auch schienen die Voraussetzungen vor Ort günstig zu sein, da es hier die zur Eisengewinnung benötigte Kohle als auch den Kalk gab.
Das neue Werk baute man hier im Tal des Flüsschens Düte in der kleinen Bauernschaft Malbergen.
Alles schien seinen Gang zu nehmen, doch bald hatte man mit so einigen Problemen zu kämpfen. Die Einheimischen waren zum Beispiel keineswegs beglückt über die vielen fremden Arbeiter. Sie sahen das neue Werk als Unglück für die Gegend, was zu manchen Spannungen führte.
Ein anderes Problem war der Transport des Eisenerzes vom Hüggel zum Werk. Selbst als eine Kleinbahn, die Hüggelbahn, gebaut worden war, blieb der Transport kostspielig.
Und als Drittes erwies sich die Kohlegewinnung in Oesede und Kloster Oesede mittelfristig als unrentabel, so dass man schließlich die Kohle aus dem Ruhrgebiet holte.
Dennoch stellte das Werk Stahl von guter Qualität her, der sich gut verkaufen ließ. Und auch die Bevölkerung versöhnte sich mit dem Werk, da bald auch Einheimische die Arbeitsmöglichkeit außerhalb der Landwirtschaft immer mehr schätzten. So wuchsen örtliche Wirtschaft und die Hütte schließlich zu einer Einheit zusammen.
Als aber nach einem erfolgreichen Jahrhundert die Stahlkrise hereinbrach, stürzte das die Region arg in Bedrängnis. 1970 schlossen sich daher die sechs bis dahin selbständigen Gemeinden der Umgebung zur Stadt Georgsmarienhütte zusammen, um gemeinsam einen Strukturwandel herbeizuführen.
Als 1993 der endgültige Konkurs drohte, wurde das Werk für die symbolische Summe von einer DM verkauft. Das Werk wurde auf das Recycling von Stahl umgestellt, was sich letztlich als zukunftsfähig erwies, denn heute zählt das Werk mit seinen 1200 Mitarbeitern zu den führenden europäischen Stahlversorgern, insbesondere der Automobilindustrie.

Varus und sein Schicksal

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Salve hospes! Mihi nomen est Publius Quintilius Varus. Römischer Feldherr bin ich gewesen, Vertrauter des großen Augustus. Und nun stehe ich hier und weiß gar nicht recht, warum. Na gut, dieser Turm hier ist wohl nach mir benannt, aber wirklich historischen Bezug hat das nicht. Wenn Du mir wirklich Auge in Auge gegenüber treten willst, dann sehen wir uns in Kalkriese!
Und dann noch dieses Ärgernis, dass Hermann einmal mehr das bessere Ende für sich erwischt hat. Wenn Du nämlich ein Stück nach Süden über den sog. Kammweg wanderst, kommst du zum Hermannsturm, der genauso aussieht, wie dieser hier, auf dem wir gerade stehen. Der hat aber einen Ausblick in alle Richtungen, weil er auf der höchsten Erhebung des Iburger Waldes steht, dem Dörenberg. Ich, mit dem die Geschichte ohnehin schon grausam genug umgesprungen ist, muss mich doch jetzt auch noch mit einem eingeschränkten Sichtfeld begnügen! Ungerecht nenne ich, so etwas!
Na gut! Machen wir das Beste draus und sehen uns um. Schauen wir Richtung Sonnenuntergang, wenn wir die bewaldeten Höhen hinter uns haben, also nach links. Hier liegt Alt-Georgsmarienhütte, geschmiegt an den Holzhauser Berg. Ein wenig dahinter erhebt sich das Hüggel-Gebiet. Auch wenn es so erscheint, so gehört diese Berggruppe doch nicht zum Teutoburger Wald, sondern besteht aus viel älterem Gestein. Der Hüggel wurde als mächtiges Gesteinspaket aus tief liegenden Schichten nach oben gedrückt. Dabei entstanden zahlreiche Spalten und Klüfte, in denen sich Eisenerz ansammelte.
Schauen wir jetzt weit in Richtung Sonnenaufgang. Dort liegt die so genannte Borgloher Schweiz mit der Ortschaft Kloster Oesede. Diese Höhenzüge haben einen uralten Wald, der hier einst gestanden hat, zwischen Sandsteinschichten konserviert. Das Ergebnis war Steinkohle, und zwar nicht zu wenig!
Fassen wir zusammen: Eisenerz im Westen, Kohle im Osten. Da baut man doch am besten in der Mitte ein Stahlwerk. Und genau das sehen wir fast direkt unter uns, die großen grünen Gebäude mit dem nebenstehenden Schornstein. Heute allerdings braucht man hier weder das eine noch das andere mehr, denn es wird nur noch Schrott eingeschmolzen, und das mit einem elektrischen Lichtbogenofen.
Wenn Du jetzt noch einmal deinen Blick weitest, wirst du in einiger Entfernung die Stadt Osnabrück mit ihren Kirchtürmen sehen, oder wie anständige Leute sagen: die civitas osnabrugensis.
Vale!