Historischer Stadtrundgang Otterndorf

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"Bekanntmachung, Bekanntmachung! Lüd komt ran, komt nöger, bi mi kriegt ji dat Neeste to hörn, wat erst in annerthalf Weeken in't Blatt steiht."
So und jetzt noch einmal für Hochdeutsche: Sie wissen vermutlich nicht, was ein „Utröper“ ist. Gut, dann will ich Ihnen das kurz erklären. Das Wort kommt aus dem Plattdeutschen: „Ut“ heißt „aus“ und ein „Röper“ ist ein „Rufer“. Ein „Utröper“ ist also nichts anderes als ein „Ausrufer“ oder Gemeindediener, der Neuigkeiten und Entscheidungen der Stadtoberen bekanntgemacht hat. Er war also gewissermaßen so etwas wie die örtliche Zeitung.
Auch Gewerbetreibende konnten ihn mieten: fahrende Händler konnten sich durch ihn ankündigen lassen, die Fischer konnten durch ihn ihren frisch gefangenen Fisch oder ihre Krabben an den Mann bzw. an die Frau bringen.
Da er darauf bedacht sein musste, auffällig und erkennbar zu sein, war er mit seiner Montur und seiner Handglocke bekannt „wie ein bunter Hund“, also eine stadtbekannte Persönlichkeit.
Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts verschwand mehr und mehr das Berufsbild des „Utröpers“. Heutzutage ist er vor allem eine nostalgische Erinnerung, allerdings eine, die Spaß macht und deswegen gerne auch einmal wiederbelebt wird! Von Juni bis August ist er jeden Freitag um 9.30 Uhr auf dem Kirchplatz in Otterndorf zu Gast und gibt Bekanntmachungen aus dem Rat und der Verwaltung, aus der Wirtschaft und aus dem örtlichen Veranstaltungskalender zum Besten und erzählt dazu de een oder annern Döntje –teils op Platt, teils aber auch auf Hochdeutsch.
Den frischen Wind, den so ein Utröper immer mit sich brachte, verspürt man noch heute, wenn man sich die schöne und gleichzeitig humorvolle Bronzeplastik des Bildhauers Frijo Müller-Belecke ansieht. Von dem gleichen Künstler stammen in Otterndorf übrigens noch zwei weitere Bildwerke, nämlich die Büste vor dem Johann-Voß-Haus und die Bronzegruppe vor dem Schöpfwerk: Keen nich will dieken, de mutt wieken, zu hochdeutsch: „Wer nicht will deichen, der muss weichen“, eine Weisheit, mit der man in den Küstenländern schon eine jahrhundertelange Erfahrung hat.