Tecklenburg im Überblick!

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Vielleicht haben Sie es ja schon angesichts der vielen schönen alten Häuser vermutet: Tecklenburg ist ein besonderer Ort, nämlich eine uralte Residenzstadt, die 1226 ihre erste urkundliche Erwähnung findet. Die Grafen von Tecklenburg waren mächtige Herren mit einem Herrschaftsbereich vom Niederrhein bis an die Grenzen Oldenburgs. Den benachbarten Bischöfen von Münster und Osnabrück waren sie über Jahrhunderte hinweg Bündnispartner auf Augenhöhe oder auch gefährliche Gegner.

Die baulichen Überreste dieser glanzvollen Zeit nehmen sich dagegen vergleichsweise bescheiden aus, da der preußische Staat, an den Tecklenburg nach Aussterben des Grafenhauses fiel, das inzwischen baufällig gewordene Schloss größtenteils schleifen ließ. Es lag oberhalb der von hier aus sichtbaren Schloss-Schänke auf dem Burgberg, wo heute in stimmungsvoller Kulisse die Tecklenburger Freilichtspiele stattfinden.

Der Turm, der sich oben auf dem Burgberg befindet, ist übrigens kein Teil der alten Festungsanlage, sondern ein Denkmal für den bedeutenden Arzt Johannes Wier, den bekannten Gegner der Hexenverfolgungen, der hier im 16. Jhd. gewirkt hat. Auf ein echtes Relikt der alten Wehranlage verweist dagegen das Hinweisschild, das sich ganz in Ihrer Nähe befindet. Es handelt sich dabei um eine lang vergessene Bastion, deren unterirdische Überreste dem Besucher heute wieder zugänglich sind.

Wenn Sie sich nun etwas nach links wenden, sehen Sie ein Torhaus aus dem 16. Jhd., das als „Legge“ bezeichnet wird. Der Begriff bezieht sich auf die langjährige Funktion des Baues, denn hier legten die Leinenweber, die für die heimische Wirtschaft lange eine herausragende Rolle spielten, ihre Produkte zur Qualitätsprüfung und zum Verkauf aus.

Sehenswert ist auch die Evangelische Stadtkirche von Tecklenburg. Sie stammt aus dem 16. Jhd., wobei archäologische Untersuchungen ergeben haben, dass auf ihrem Grund schon weit ältere Gotteshäuser gestanden haben.

In erster Linie ist Tecklenburg aber von den vielen liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern geprägt, die die Stadt als „Westfälisches Rothenburg“ gelten lassen. Die meisten von ihnen stammen aus dem 16 Jahrhundert und sind sog. Ackerbürgerhäuser. Vielen sieht man ihre landwirtschaftliche Funktion noch an, wenn  beispielsweise die Haustür groß genug ist, um einem Erntewagen Einlass zu gewähren.

Nach diesem Überblick, möchte ich Sie einladen, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, vielleicht auf dem sog. „Hexenpfad“, der sie an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Tecklenburgs entlangführt.

In den Gassen von Tecklenburg ist es nachts nicht geheuer …

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Hier in den Gassen von Tecklenburg ist es nachts nicht geheuer! Gerade die Damen sollten sich vor dem Spuk in der Stadt hüten, sonst könnte es ihnen schlecht ergehen. In der Nacht geht nämlich eine weiße Frau um, die jeder Frau, die ihr begegnet, ihren Schlüsselbund ins Gesicht schlägt. Und alle, denen eine solche Begegnung widerfahren ist, mussten bis zum nächsten Mondwechsel ihr irdisches Dasein beenden!

Von der weißen Frau aber wird Folgendes erzählt: Vor vielen hundert Jahren heiratete einer der hochwohlgeborenen Grafen von Tecklenburg eine wunderschöne junge Frau. Sie war so schön, dass von weit und breit Ritter und Minnesänger an den gräflichen Hof kamen, um der Dame des Hauses ihre Aufwartung zu machen. So ergab es sich, dass die junge Gräfin bald im Übermaß stolz wurde, und sich der böse Geist der Eitelkeit ihrer bemächtigte. Eines Tages erschien eine alte Frau auf der Burg. Die Gräfin sah kalt und abweisend auf sie herab. Ja, sie wollte schon den Wachen befehlen, sie fortzutreiben. Aber als die Alte verlauten ließ, dass sie aus der Hand lesen könne, war letztlich doch die Neugier der Gräfin geweckt. Nach langanhaltendem prüfendenden Blick in die Hand der jungen Frau verkündete die Alte mit einem spöttischen Lächeln. „Sieben Töchter werdet Ihr haben. Und allesamt werden schöner sein als ihr, Frau Gräfin. Aber nicht genug des Segens, Ihr werdet so lange auf dieser Burg wohnen, dass man meinen möchte, dass der Tod keine Macht über Euch besitzt!“

Nur einige Zeit später brachte die Gräfin ein liebreizendes Mädchen zur Welt. Der Graf war voll des Stolzes und der Dankbarkeit über die glückliche Geburt. Alle Besucher der Burg bewunderten die Schönheit des Kindes und vermuteten, dass die Kleine eines Tages noch viel anmutiger sein würde als ihre schöne Mutter. Als die Gräfin das aber hörte, fiel ein tiefer Schatten auf sie. In der Nacht ging sie in aller Heimlichkeit zur Wiege des Kindes und erstickte es voll wilder Eifersucht mit einem Kissen. Tags darauf tat sie untröstlich und beschuldigte die Amme, für den Tod des Kindes verantwortlich zu sein, woraufhin die arme Frau grausam bestraft wurde. Auch das zweite Kind der Gräfin war ein liebreizendes Mädchen, und auch sie kam auf geheimnisvolle Weise um. Ebenso erging es der dritten, vierten und fünften Tochter. Stets wurden die Ammen für den Tod des Kindes bestraft. Als die Gräfin auch noch eine sechste und siebte Tochter zur Welt brachte, wagte sie nicht mehr, Hand an das Kind zu legen, da ein böser Verdacht am Hof des Grafen ruchbar geworden war. Doch als Jahre später die ersten Freier der beiden erblühten Töchter auf der Burg erschienen, konnte die Mutter das nicht ertragen. Aus todbringender Eifersucht vergiftete sie ihr eigen Fleisch und Blut, auf dass es mit all seiner Schönheit in die Gruft herabfahren musste. Nun war die Gräfin selbst wieder die schönste Frau am Hofe, und so viele Sommer sie auch schließlich zählte, tatsächlich schien sie kaum zu altern. Als der Tod sie dennoch holte, wurde sie unter dem Boden der Schlosskapelle gebettet. Doch Ruhe fand sie keine. Wegen ihrer vielen Untaten muss sie Nacht für Nacht aufstehen und ihre Runde durch Burg und Stadt ziehen. Dann setzt sie sich auf die Kirchentreppe und weint bitterlich, keiner weiß ob über ihre unschuldigen Opfer oder ob ihrer eigenen Verdammnis. Danach muss sie zurück in ihre Gruft. Auf diese Weise muss es wohl geschehen bis zum Jüngsten Tag. So hat sich denn die Weissagung der alten Frau erfüllt.

Ihr aber hütet Euch davor, sie aufzustören, denn noch ist die Bösartigkeit der Weißen Frau nicht verflogen!