Hufeisenregion

Audio

Text

Im Mittelalter saß man in aller Regel im Schutz eines Baumes zu Gericht, meistens unter einer Linde. Sie vereint eine ganze Reihe von Vorzügen. Sie wächst z.B. recht schnell, hat einen hohen und dichten Wuchs und sie wird sehr alt. Darüber hinaus wurden ihr magische Kräfte zugeschrieben, so galt es als sicher, dass sie vor einem Blitzschlag schützt.
Die Hohe Linde nördlich des Klosters Oesede war ein solcher Gerichtsplatz. Beurkundet ist, dass die Grafen von Ravensberg im 12. Jhd. hier einen Freistuhl, also einen regelmäßig genutzten Gerichtort, unterhielten.
Später wurde die Hohe Linde häufig als Versammlungsplatz der Landstände benutzt, einer Vertretung der Stadt Osnabrück, der Ritter des Osnabrücker Landes und des Klerus. Und auch wenn der Bischof der Landesherr war, musste er doch mit den Landständen das Einvernehmen suchen, wollte er nicht gehörigen Ärger auf sich ziehen. Das machtvollste Mittel der Landstände war dabei sicherlich das Recht zur Steuerbewilligung.
Es gibt eine ganze Reihe von Akten aus dem 16. und 17. Jhd., die deutlich machen, wie wichtig die Hohe Linde für das alte Fürstbistum Osnabrück gewesen ist, da sich die Landstände immer wieder hier treffen. Regulär tagte man unter dem freien Himmel, allerdings gibt es auch Aufzeichnungen darüber, dass man bei allzu schlechtem Wetter schon einmal in die Räumlichkeiten des Klosters wechselte.
Viele Sitzungen werden wenig spektakulär gewesen sein, aber es gab auch dramatische und hochbedeutsame Sitzungen.
So musste hier 1548 Franz v. Waldeck, der mächtige Fürstbischof von Münster und Osnabrück, auf Druck der Landstände öffentlich der Reformation abschwören. Damit war seine Politik, die alten Bistümer in ein vererbbares Herzogtum umzuwandeln, endgültig gescheitert.
Gut hundert Jahre später, im Jahre 1649, fanden hier die Verhandlungen über den sog. „Schwedenschatz“ statt. Es ging dabei um eine Ablösesumme, die der schwedischen Besatzung zu zahlen war, bevor sie das Land endgültig verließen. Natürlich hatten die Einwohner des Osnabrücker Landes gründlichst die Nase voll von all den Soldaten, die sie über den Dreißigjährigen Krieg hinweg immer wieder ausgeplündert und gequält hatten. Daher war es für sie das größte Bestreben, die schwedische Soldateska so schnell wie nur irgend möglich loszuwerden, was dann auch mit Überredungskunst und blanker Münze gelang.
Heute steht ein Gedenkstein an der Hohen Linde, der aus dem 17., vielleicht 18. Jahrhundert stammt. Er wird im Volksmund „Friedensstein" oder „Klosterstein" genannt. Auf der einen Seite zeigt er eine Kreuzigungsszene und auf der anderen die Gottesmutter und Johannes den Täufer - die beiden Schutzpatrone des Klosters Oesede.