Das Posthotel Kellinghausen auf einer Postkarte von 1906, im Hintergrund die damalige Schmiede Wesler

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Das Rattern hoher Räder auf unebener Straße, dampfende Pferde, ein schallendes Horn: Die Postkutsche ist da! Lange Zeit war die Postkutsche die einzige Verbindung zur großen weiten Welt, daher ging ein besonderer Zauber von ihr aus.

Jede Ortschaft, die von der Kutsche angefahren wurde, brauchte eine Station zum Pferdewechsel und zum Übernachten der Fahrgäste. In Glandorf gab es eine solche Einrichtung seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Im Jahre 1766 erbauten die Eheleute Georg und Anna Cordes das Gebäude, das bald zur Posthalterei mit angeschlossenem Gasthaus wurde. Ihr Sohn Johann Franz Cordes übernahm zunächst die Posthalterei. Seine Interessen waren jedoch mehr literarischer Natur. Zu seinen Briefkontakten gehörte sogar Friedrich Schiller. Um 1805 folgte er schließlich seiner Profession und ging nach München, um dort Redakteur zu werden. Sein Nachfolger wurde Paul Mathias Kellinghausen, dessen Name fortan untrennbar mit der Posthalterei verbunden blieb. Und obwohl Glandorf in der westfälischen Provinz lag, schaute das große Weltgeschehen doch einige Male hier vorbei: Der König von Westfalen, Napoleons Bruder Jerome soll hier genächtigt und Kellinghausen und zum Postmeister ernannt haben. Georg IV., König von Hannover, kredenzte man einige Jahre später als Zeichen der Ehrerbietung einen Kelch mit 114 Jahre altem Rheinwein. Auch nächtigte hier der weltberühmte Magier Alexander, the Conjurer, der sogar in Melvilles Romanklassiker „Moby Dick“ Erwähnung fand. Mit bürgerlichem Namen hieß er Alexander Heimbürger und besuchte seinerzeit seine Eltern in Münster.

Seit 1831 rollte regelmäßig die vierspännige Hauptfahrpost durch Glandorf und machte bei Kellinghausen Station. Schließlich kam aber doch das Ende der Postkutschenzeit: 1872 wurde die Eisenbahnstrecke von Osnabrück nach Münster eröffnet - und zwar durch Lengerich und Iburg - und damit an Glandorf vorbei, was für den Ort große Nachteile mit sich brachte. Plötzlich war man von den großen Verkehrsströmen praktisch abgeschnitten und Kellinghausen wurde zum schlichten Hotel.

1879 brannte das Obergeschoss der alten Posthalterei leider ab und wurde danach nur einstöckig wieder instandgesetzt.

Ein weiterer Verlust sind die alten Pferdeställe, die während der letzten Kämpfe im Zweiten Weltkrieg in Flammen aufgingen. Erhalten ist dagegen ein uralter Speicher im Garten des Hauses. Überhaupt ist das Areal hinter dem Haus geschichtsträchtig. Dort soll sich der sogenannte Stuhlgarten befunden haben, in dem das Freigericht der hiesigen Landesherren während des späten Mittelalters getagt hat.