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Wo ich hergekommen bin, hat niemand Gedichte gemacht.

So einer der Verse Georgs von der Vring, eines der bedeutendsten deutschen Dichter des 20. Jhds., Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und einziger Ehrenbürger der Stadt Brake. Genau in diesem Haus, vor dem Sie gerade stehen, ist er geboren. Ein echter Braker Jung, Nachfahre von Seeleuten und Schiffbauern, aber dann doch ganz anders. Wie für die meisten Künstler hieß Heimat für von der Vring einerseits Wurzel, andererseits Umgebung, von der er nicht immer verstanden wurde und der er zu entwachsen suchte.

Geboren wurde er im Jahre 1889, genau hier. Noch als Zwanzigjähriger einem bürgerlichen Beruf nachstrebend,  nämlich dem eines Lehrers, befindet er sich zwei Jahre später schon auf der  Königlichen Kunstschule Berlin und studiert Malerei. Gleichzeitig zeigen sich aber schriftstellerische Ambitionen.

Alle Pläne werden jedoch zunächst durch den Ersten Weltkrieg durchbrochen, der bei von der Vring einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Seine Gedichte zum Krieg enthalten sich eines jeglichen Hurra-Patriotismus und sind geprägt von Schwermut und Verlust. Zum Thema Krieg veröffentlicht er 1927 sogar einen Roman. Der „Soldat Suhren“ ist durchaus nicht zur Heldenverehrung geeignet. Außerdem ist ihm militärischer Drill zutiefst zuwider.  Damit ist von der Vring in seiner Darstellung weit weniger drastisch und niederschmetternd als das ein Jahr später erscheinende „Im Westen nichts Neues“, in seiner Grundaussage ist er  von Erich Maria Remarque jedoch nicht allzu weit entfernt. Entsprechend verärgert reagierten seinerzeit die rechtsnationalen Kräfte. Ihm wurde vorgeworfen, einen „den deutschen Frontsoldaten verunglimpfenden Tendenzroman“ geschrieben zu haben. Außerdem bekam er Morddrohungen, was ihn dazu veranlasste, Deutschland zu verlassen.

Doch schon 1930 war er zurück, in Süddeutschland, wo er schließlich blieb. Zwanzig Jahre verbrachte er in Stuttgart, wo er auch nach seinem Ausscheiden aus der Wehrmacht den Zweiten Weltkrieg überstand, indem er die Frontzeitung „Furchtlos und treu“ betreute: Nicht der einzige braune Fleck des Kompromisses und der Selbsterhaltung auf der Weste von der Vrings.

Als er 1951 nach München übersiedelte, fühlte er sich letztlich wurzellos. Zwar gehörte er damals zu den vielzitierten Lyrikern Deutschlands und wurde mit Ehrungen geradezu überhäuft, doch ein regelrechter Aufbruch wollte ihm nicht mehr gelingen. 1968 kam er schließlich durch das Element zu Tode, das er von Jugend an so gut kannte: Er ertrank im Wasser der Isar. Auf diese Weise schloss sich der Kreis und entsprechend ist es konsequent, dass er auch in seiner Heimatstadt begraben liegt, und zwar auf dem Friedhof der Friedrichskirche in Brake-Hammelwarden.