Ochtrup

Streit mit der Äbtissin, ein neues Amtshaus für die Stadt

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Willkommen in der aufstrebenden Ortschaft Ochtrup! Ja, seitdem die Industrie hier Einzug gehalten hat, allen voran die Firma Laurenz, werden die Zustände bei uns in großen Schritten besser. Ochtrup ist dabei, in der neuen Zeit anzukommen. Und wer wüsste das nicht besser als ich, Adolph Schumann, seit 1885 Amtmann des Wigbolds Ochtrup.
Ich habe hier die oberster Verwaltungsleitung inne, kümmerte mich um die Steuerverwaltung, das Schulwesen, das Gesundheitswesen, Bau- und Straßenwesen und nicht zuletzt um Industrie und Gewerbe.
Sie sehen, ich bin ein vielbeschäftigter Mann mit vielen und dazu noch wachsenden Aufgaben.
Das bisherige kleine Amtsgebäude in Ochtrup, worin unten die Feuerspritzen und Gefängnisse, oben lediglich 2 Büros und ein Sitzungszimmer untergebracht waren, reichte bei der rasant zunehmenden Bevölkerung und den sich deshalb mehrenden Amtsgeschäften schon seit Jahren nicht mehr aus. Die Gemeindevertreter beschlossen daher ein größeres Gebäude zu bauen. Das dem alten Amtshause gegenüberliegende
Haus des Sattlermeisters Kock war wegen der passenden Lage das günstigste. Man hat sich nun entschlossen, auf diesem Grundstück und auf Teilen der alten Stadtwälle einen Neubau zu errichten.
Und damit entsteht hier endlich ein angemessener Amtssitz. Übrigens an historisch interessanter Stelle, denn diesen Platz und die Bültstraße in die Ortschaft hinein sollte es ursprünglich gar nicht geben.
Als Ende des 16. Jhds. beschlossen wurde, für Ochtrup Wall und Graben zu bauen, plante man zunächst eine Festung mit lediglich zwei Toren, dem Weinertor im Süden und dem Bergtor im Nordwesten. Nun gab es aber just an dieser nordöstlichen Ecke der zukünftigen Wallanlagen eine Siedlung, die „Dränke“ genannt wurde – daher heißt dieser Platz heute auch „Dänkeplatz“. Sie würde außerhalb der Befestigung liegen und außerdem würden durch die Anlage von Wall und Graben alte Straßenverbindungen durchschnitten werden. Nicht nur, dass die Einwohner von Dränke zukünftig erst nach längerem Umweg in den Ort kommen würden, sondern es würde auch der direkte Weg zum Kloster Langenhorst unterbrochen werden. Da das Kloster in Ochtrup jedoch viele Ländereien und Lehensrechte besaß, protestierte die Äbtissin Christina von Raesfeld beim Fürstbischof in Münster. Er solle doch bitte verfügen, einen weiteren Zugang zur Stadt durch den Ostwall zu schaffen. Die Einwohner Ochtrups lehnten aber die Schaffung eines dritten Tores ab, da ihnen die Bewachung und Verteidigung von zwei Toren schon Aufwand genug war. Erst ein Vergleich zwischen der Äbtissin und den Vertretern des Wigbolds führte dazu, dass 1597 das dritte Tor fertiggestellt wurde, das Bülttor, das dort stand, wo heute vom Dränkeplatzplatz aus die Einfahrt zur Bültstraße liegt.
Sehen Sie, so entsteht beständig Neues auf Altem, und ich sage Ihnen, wir sind hier in Ochtrup noch längst nicht am Ende unserer Möglichkeiten. Wir haben inzwischen sogar ein vernünftiges Abwassersystem, und erste Stromanschlüsse gibt es bei uns auch. Ha, die Zukunft kann kommen!