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Niemand wusste so recht, was nun geschehen sollte. Die letzten Verbände der Bundeswehr hatten die Hindenburg-Kaserne verlassen, das Gelände war ungenutzt und die Kasernengebäude standen leer. Fast sah es so aus, als wolle man sie dem Verfall preisgeben.

So war die Situation 1994, als  noch niemand ahnen konnte, was aus dem Gelände einmal werden würde.

Dabei hatte die Kaserne schon einmal Ähnliches erlebt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs standen die Gebäude verlassen vor den Toren Oldenburgs, bis der damalige Bürgermeister Krahnstöver auf die Idee kam, man könne darin doch die vielen Kriegsflüchtlinge unterbringen, die nach Oldenburg gekommen waren.

Zunächst war das natürlich ein Notbehelf, wobei die Betonung auf „Not“ liegt, wenn man sich den damaligen Zustand der Kaserne vergegenwärtigt. Teilweise waren die Gebäude von Bombentreffern beschädigt, in kaum einem Fenster saß noch eine Scheibe. Die Fensteröffnungen waren in aller Regel nur notdürftig mit Brettern vernagelt. Die Innenräume waren ebenfalls arg in Mitleidenschaft gezogen und Inventar fehlte völlig.

Aber dennoch hatten die Flüchtlinge wieder ein festes Dach über dem Kopf, das man in gemeinschaftlicher Anstrengung, mit Ideenreichtum und Improvisationsgeschick nach und nach wieder herrichtete und in ein Zuhause verwandelte. So wurde aus der Hindenburg-Kaserne die sogenannte „Städtische Siedlung Kreyenbrück“.

Erst Ende der 50er Jahre musste sie der im Aufbau begriffenen Bundeswehr weichen.
Dem Stadtteil Kreyenbrück blieben ihre Bewohner aber auch nach der Auflösung der Siedlung vielfach treu.

Als 35 Jahre später, im Jahr 1994, die letzten Bundeswehreinheiten das Gelände wieder verließen, blieben die Gebäude ein weiteres Mal sich selbst überlassen. Mit dem Abzug der Soldaten fehlte nun den Geschäften in der Umgebung die Laufkundschaft. Daher schauten die Kreyenbrücker mit banger Erwartung darauf, wie sich die Dinge auf dem ehemaligen Kasernengelände entwickeln würden.

1998 tat sich endlich etwas: Ein Investorenkonsortium, bestehend aus den Firmen Freytag und von der Linde, der GSG Oldenburg und der Hochtief AG, sorgte nach und nach für die Erschließung und Vermarktung des Geländes.

Wenig später war auch das junge Telekommunikationsunternehmen EWE TEL den Kinderschuhen entwachsen und benötigte dringend wesentlich mehr Platz für Mitarbeiter und Logistik. Auf seiner Suche nach neuen, geeigneten Räumlichkeiten war Manfred Hamel, ein EWE TEL-Mitarbeiter der ersten Stunde, auf die leer stehenden Kasernenblocks aufmerksam geworden. Doch der erste Eindruck bei der Begehung war ernüchternd. Im heutigen Gebäude 318 an der Cloppenburger Str. befand sich ein maroder, neun Meter tiefer Keller, dem auch noch ein Kohlebunker angeschlossen war. Über dem Eingang zu diesem unterirdischen Verließ hatte ein Witzbold ein Pappschild mit der Aufschrift „Tropfsteinhöhle von Kreyenbrück“ angebracht. Das sagt über den Gesamtzustand der Anlage eigentlich alles! Dennoch entschloss man sich, einen Großteil der Gebäude zu sanieren und mit  EWE TEL dort einzuziehen.  Die Kreyenbrücker freuten sich: Endlich war wieder Leben auf dem Gelände! Und mit  sieben der ehemaligen Mannschaftsblocks blieb sogar  etwas Gewohntes und auf seine Weise Liebgewonnenes dem Stadtteil erhalten – allerdings mit neuer,  ansprechender Fassade und frischem Anstrich.