Oldenburg

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Wissen Sie, was eine Brassica oleracea varietas sabellica ist? Nein, wissen Sie nicht? Das ist die korrekte botanische Bezeichnung für den Grünkohl! – Und der spielt in Oldenburg eine ganz besondere Rolle! Die Stadt ist nämlich seit 2010 „Kohltourhauptstadt“!

Was eine Kohltour ist, das wissen ja sie sicher! In der kalten Jahreszeit in geselliger Runde mit einem Bollerwagen unterwegs zu sein, um anschließend abends gemeinsam in einem Lokal gepflegt „Kohl und Pinkel“ zu essen. Bevor sie jetzt einen Schreck kriegen: Diese Pinkel-Wurst ist natürlich keine sehr spezielle kulinarische Geschmacksverirrung, sondern eine deftige Grützwurst, die dem Kohl neben Mettwürsten und Kassler die richtige Standfestigkeit verleiht. Und da das Ganze zusammen dann recht mächtig ist, nimmt man gerne dazu, und auch schon manchmal vorweg, den einen oder anderen Schnaps, der, wenn er traditionell gereicht wird, auf einem Zinnlöffel serviert wird.  Und damit sind wir auch schon beim eigentlichen Thema, denn die Kohltour ist nicht einfach nur das, was man heute ein „Event“ nennt, sondern ist in vielfacher Hinsicht tatsächlich Ausdruck traditioneller „Kultur“ hier im Oldenburgischen und umzu. Glauben Sie nicht? Beweis ich Ihnen! Hätten Sie z.B gedacht, dass das Boßeln, der Volkssport, der auf einer Kohlfahrt gerne praktiziert wird, Wurzeln bis in die Zeit der Germanen hat? Heute wirft man die Kugel nur möglichst weit die Straße entlang, früher aber beschossen die Friesen mit hart gebackenen Erdkugeln, niederdeutsch „Kluten“, römische Legionäre. Wäre Arminius also ein Friese gewesen, wären die Römer durchs Klootschießen, die ursprüngliche Form des Boßelns, besiegt worden! Auch weiß man in Oldenburg, dass das Kohlessen als winterliches Ausflugsziel hier schon seit nahezu 200 Jahren praktiziert wird. Diese Tradition wird einerseits gelebt, aber andererseits auch immer wieder auf neue Art und Weise interpretiert. Oldenburg kennt z.B. den Grünkohltee oder auch die Grünkohlpraline. Oldenburg hat sogar eine Grünkohl-Akademie, die Sie im Internet besuchen können.

Was Oldenburg bislang allerdings noch nicht hat, und damit hadert man hier sehr, ist eine eigene Grünkohlsorte, die Oldenburger Palme, das Prunkstück, der Gipfel all dessen, was man sich als Grünkohl-Freund nur wünschen kann. Aber auch dieses Problem geht man inzwischen mit guten Aussichten auf Erfolg an: Die Universität und ihr Botanischer Garten sind dabei, aus den 50 unterschiedlichen Arten Grünkohl, die existieren, eine perfekte Komposition aus Geschmack, Nährstoffreichtum, Schädlingsresistenz und heimischer Anbaufähigkeit zu züchten! Die Brassica oleracea cultivarietas Oldenburgia!
Wäre das nicht herrlich?!