Spuk in Hemmelte

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Rund um Hemmelte wird von allerhand Spukerscheinungen und Gespenstern berichtet. In besonders stürmischen Winternächten treibt hier, wie vielerorts, der Wilde Jäger sein Unwesen. Man hört dann in der Luft das Bellen seiner Hunde und das wilde Schallen der Hörner. Es ist leicht, ihn zu reizen, daher sollte man ihm lieber aus dem Wege gehen.
Auch ein „gläuniger Kerl“, ein fahl leuchtendes Gespenst geht von Suhle aus kommend durch den Ort und verschwindet dann im Moor. Das ist der Geist des Toten Obristen Priggenpiel, der während des 30jährigen Krieges so viel Schuld auf sich geladen hat, dass er nun keine Ruhe findet.
Auch auf den Straßen rund um Hemmelte gab es einen Spuk, der regelmäßig gesichtet wurde. Einmal kam ein Fuhrmann mit seinem Wagen in der Nacht von Stapelfeld her. Er hatte seine Frau bei sich, die neben ihm auf dem Kutschbock saß. Alles schien seinen rechten Gang zu nehmen und sie kamen gut voran. Doch plötzlich wurden die Pferde seltsam unruhig. Der Fuhrmann stieg vom Wagen, nahm die Pferde beim Halfter und bedeutete seiner Frau, ebenfalls abzusteigen. Erstaunt kam sie seiner stummen Aufforderung nach, fragte aber neugierig, was es damit auf sich habe. Der Fuhrmann, der bisher so leutselig und gesprächig gewesen war, warf ihr nur einen warnenden Blick zu und winkte nervös ab. Bei all dem blieb er völlig stumm. Verwundert sah sie sich um, doch in der weiten mondbeschienenen Landschaft wollte ihr nichts Außergewöhnliches auffallen. Schweigend gingen sie eine gute Viertelstunde neben dem Wagen her, wobei die Frau den Eindruck hatte, ihr Mann sei in angespannter Eile. Nach einem weiteren Stück hatte der Mann zunehmend Mühe, die Pferde zu halten. Erst als sie die Flussniederung Richtung Hemmelte hinter sich gebracht hatten, beruhigten sich die Pferde langsam wieder. Der Mann seufzte erleichtert: „Gott sein Dank!“ Dann erklärte er der Frau, dass sie wieder aufsteigen könne. Sobald sie wieder angefahren waren, wollte sie von ihrem Mann wissen: „Nun sag schon, was war denn los?“ Er sah sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an und fragte: „Hast du denn gar nichts gesehen?“ Sie antwortete: „Nein, nicht das Geringste!“ Da fragte er weiter: „Auch nicht die weiße Gestalt, die neben uns im Chausseegraben herlief?“ Auch das verneinte sie, allerdings wurde ihr in diesem Augenblick ganz plötzlich angst und bange. „Ich sehe diesen Spuk immer, wenn ich des Nachts hier vorbeimuss“, berichtete er. „Auch die anderen Fuhrleute kennen ihn. Mein Vater ist seinetwegen einmal mit voll beladenem Wagen von der Straße abgekommen.“ Voller Unbehagen sah sich die Frau noch einmal um – aber nichts war zu sehen. Als ihr Blick wieder nach vorne gerichtet war, erblickte sie jedoch schon in der Ferne die nächtlichen Silhouetten von Hemmelte, woraufhin sie sich langsam wieder beruhigte.