Oldenburg

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Auf dem Gertrudenkirchhof, so heißt es,  geht ein Spuk um. Jede Nacht steigen drei Nonnen und ihre Äbtissin auf dem uralten Friedhof aus ihrer Gruft, um in der Gertrudenkapelle zu beten. Und von der  Linde vor der Kapelle heißt es, sie sei auf folgende Weise gepflanzt worden: Eine Magd, die zu Unrecht des Diebstahls bezichtigt worden war, wurde zum Tode verurteilt. Auf dem Weg zur Richtstätte hob sie einen dürren Zweig auf und steckte ihn in den Boden. Dazu sagte sie, so wahr sie unschuldig sei, so solle der Zweig ausschlagen und zu einem Baume werden. Tatsächlich erwies sich später die Unschuld der Magd und der Zweig wurde über die Jahrhunderte zur mächtigen Linde.

Ob an diesen Geschichten wirklich etwas dran ist? – Wer weiß?! Jedenfalls ist der Baum, der heutzutage vor der Kapelle steht, tatsächlich ein Ableger der uralten Linde, die vorzeiten hier gestanden hat.

Obwohl sie ursprünglich gar nicht zur Stadt gehörte, sondern weit außerhalb der Stadtmauern stand, ist die Gertrudenkapelle die älteste noch erhaltene Kirche Oldenburgs. Wohl im 13. Jhd. war die Kapelle zunächst einschiffig und ohne Turm angelegt. Die namensgebende heilige Gertrude von Nivelles war eine fromme Klosterfrau aus dem 7. Jhd. gewesen, die schon zu ihren Lebzeiten berühmt für ihre Krankenpflege gewesen war. Insofern war der Name der Kapelle gewissermaßen Programm, denn sie diente der geistlichen Präsenz beim hiesigen Siechenhaus, man würde also heute sagen, sie war eine Krankenhauskapelle.

Im 15. Jhd. wurde die Gertrudenkapelle um einiges aufgewertet, denn sie bekam einen Turm, eine seitlichen Anbau und auch einen eigenen Geistlichen. Besondere Zeugnisse dieser Zeit, sind die Deckenmalereien, die Christus als Richter am jüngsten Tag und die Gertrudenlegende zeigen. Dazu wird in sehr beredeten Bildern davor gewarnt, womit der Teufel den Menschen zum Bösen verführt.

Auch nach Auflösung des Spitals zur Zeit der Reformation blieb die Kapelle bestehen, da die Oldenburger Landgemeinden wie schon seit alters her den Friedhof weiter benutzten.

Aber auch für die Stadtoldenburger erwies sich der Gertrudenkirchhof noch als nützlich, denn 1791 wurde der Lambertifriedhof, der älteste Gottesacker der Stadt, aufgehoben, da zum repräsentativen Äußeren der herzoglichen Residenzstadt ein Friedhof direkt am Markt und in Nachbarschaft zum hochherrschaftlichen Schloss nicht mehr recht passen wollte. Der Platz dort wurde jetzt von den Lebenden gebraucht. Daher wurden viele Gräber aus der Innenstadt hierher überführt. In den Folgejahren entwickelte sich der Gertrudenkirchhof zur einzigartigen Oldenburger Nekropole mit vielen Gräbern prominenter und weniger prominenter Oldenburger Bürger. Eine besondere Kostbarkeit ist jedoch das herrschaftliche Mausoleum, das seit 1790 bis heute die Grablege der oldenburgischen Herzogsfamilie ist.