Audio

Text

Die Bauerschaft Hammel bekam ihre erste Schule bereits im Jahre 1772. Allerdings war die Finanzierung immer so eine Sache, denn es gab nicht immer genügend Schüler, und damit nicht genügend Eltern, die ein Schulgeld zahlten, um den Betrieb reibungsfrei am Laufen zu halten. Unter solchen Umständen einen Lehrer zu engagieren, war nicht ganz einfach. Konkret kam das Problem auf den zuständigen Pfarrer Beckering zu, als ihm Lehrer Behnken im Winter 1810 einfach wegstarb. Was also nun? Von außerhalb jemanden nach Hammel zu lotsen, war angesichts der Umstände fast unmöglich. Also verfiel Beckering auf die naheliegende Idee, jemanden direkt aus dem Ort zu engagieren. Das Subjekt seiner Überlegungen war Wessel Meyborg, ein junger Mann, der dem alten Lehrer Behnken ohnehin schon das eine oder andere Mal unter die Arme gegriffen hatte. Wessel wollte die Stelle wohl auch ganz gerne haben, deshalb schickte Beckering entsprechende Mitteilung an seinen Vorgesetzten in Vechta. Der wiederum hatte es aber ganz und gar nicht eilig, denn er hatte vor, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Er würde ohnehin mittelfristig zur Kirchenvisitation nach Lastrup kommen und bei dieser Gelegenheit könne dann ja auch die Überprüfung des Kandidaten stattfinden. Der hätte auf diese Weise ja auch noch etwas Zeit, sich auf Prüfung und Schuldienst vorzubereiten. So gingen also noch einige Wochen und Monate mehr ins Land, ohne dass die Kinder aus Hammel ihre Schule von innen gesehen hätten.
Schließlich aber kam der große Tag. Wessel Meyborg unterzog sich einer schriftlichen Prüfung, die folgende Fragen beinhaltete: 1. Warum soll keiner ein Schullehramt annehmen, ehe er dazu tüchtig ist? 2. Wie soll ein Lehrer mit Schülern umgehen? 3. Was müssen Kinder in der Schule lernen?
Pädagogisch und schon rein beamtenrechtlich ließen sich aus heutiger Perspektive mit sachgerechten Antworten auf diese Fragen ganze Bibliotheken füllen. Aber da sieht man mal, dass sich die Zeiten doch ein wenig geändert haben. Wessel Meyborg beantwortete jede einzelne dieser Fragen nur mit einem einzigen etwas flusigen Satz – und wurde angenommen! Jedenfalls versuchsweise. Bei späterer Gelegenheit überprüfte Beckering seinen Kandidaten noch einmal persönlich. Er notiert: „Lesen geht, Rechnen nichts. Scheint zur Katechese Anlage zu haben.“ Oder anders ausgedrückt: Mathematik schlecht, Religion gut! Tja, wenn schon der Lehrer so ein Zeugnis hat, dann stellt sich natürlich die Frage, wie es erst um die Kinder bestellt sein muss. Doch Pfarrer Beckering wird sich gesagt haben: Alles ist besser als gar nichts! Und so hielt er trotz allem seinen wackeren Schulmeister in Stellung.
30 Kinder unterschiedlichen Alters hatte er in einem einzigen Klassenzimmer zu unterrichten. Ein hartes Brot, wie man sich vorstellen kann. Wessel Meyborg hat diese Schur auch nur sechs Jahre lang durchgehalten, dann brachte man ihn auf den Friedhof. Und Pastor Beckerings Suche ging von vorne los.